Kleine Zeitung Kaernten

Wie viel Großstadt ist Klagenfurt ?

Jetzt ist es amtlich – Klagenfurt hat 100.316 Einwohner und ist damit Großstadt. Aber kann die Stadt wirklich halten, was dieser Titel verspricht?

- Von Julia Primus, Thomas Cik und Christian Zechner

1.

Das Wörthersee-Stadion. Borussia Dortmund und der FC Chelsea waren schon hier, die deutsche Nationalma­nnschaft kommt bald: Selbst nach der „Euro 2008“hat man in Klagenfurt Topmannsch­aften zu sehen bekommen. Aber auch die „Masters of Dirt“und nicht zuletzt Elton John und Robbie Williams haben gezeigt: Im Stadion sind nach Anlaufschw­ierigkeite­n Veranstalt­ungen zu sehen, die den Namen „Event“wirklich verdienen und um die uns andere – auch größere – Städte wirklich beneiden. Einer der „GroßstadtP­lätze“in Klagenfurt.

2. Der Lakeside Park. Geisteskra­ft auf ein paar Tausend Quadratmet­ern gebündelt, das ist der Lakeside Park. Und gerade weil Außenstehe­nde keine Ahnung haben, was in den riesigen Containern abläuft, geben sie der Stadt eine Spur Urbanität und Zukunftsge­wandtheit. Hier sichert man Jobs, die in den kommenden Jahrzehnte­n Kärnten eine Perspektiv­e geben können.

3. Der Europapark. Central Park, Hyde Park, Europapark. Was die weltweite betrifft, ist der Vergleich zugegebene­rmaßen ein bisschen übertriebe­n, aber mit seinen 22 Hektar Fläche ist der 1965 eröffnete Park nicht nur der größte in der Stadt, sondern auch einer der größten in ganz Österreich. Er ist einer Groß- stadt würdig und den Klagenfurt­ern ebenso wichtig wie die anderen Genannten den Londonern und New Yorkern.

4. Der Wohnbau. Es gibt Stadtteile in Klagenfurt, da hat man den Eindruck, die Stadt will bald die 200.000Bekannt­heit Einwohner-Marke knacken. Jeder freie Acker wird mit mehrstöcki­gen Wohnbauten „entwickelt“. In Harbach wird derzeit sogar an einem neuen Stadtteil gebaut, 900 Wohnungen sollen bis 2030 entstehen. Es wird gebaut wie in einer Großstadt – inklusive Immobilien­blase.

5. Die coolen Läden. Ob Mamiladen, Suestar, Kunststätt­e oder Katzenkaff­ee: Die Innenstadt punktet mit kleinen aber feinen Fachgeschä­ften. Mit originelle­n Ideen und exzellente­r Qualität hat auch Klagenfurt großstadtv­erdächtige Läden zu bieten. Wer bitte braucht da noch Starbucks und Filialen anderer Ketten?

Die neuesten Zahlen der Statistik Austria bestätigen, was die Stadt schon vor zwei Jahren jubeln ließ – Klagenfurt hat die 100.000-Einwohner-Marke geknackt und darf sich wie Wien, Graz, Linz, Salzburg und Innsbruck „Großstadt“nennen. Aber wie viel Großstadt steckt wirklich in der Landeshaup­tstadt? Und wo hapert es noch, damit die Klagenfurt­er sich auch tatsächlic­h als „Großstädte­r“fühlen dürfen?

1. Die Lokale. Die Reisegrupp­en, die die Stadt auch sonn- und feiertags gerne besuchen, wissen es: Es gibt gastlicher­e Städte. „Sonntag Ruhetag“steht an der Eingangstü­r. Ein Mittagesse­n? Eine Torte? Ein Kaffee? Nicht unmöglich, aber auch keine leichte Aufgabe. Aber nicht nur bei der Sonntagsöf­fnung gibt es Abzüge für die „Großstadt“. Kaffeehaus­kultur? Nahezu inexistent. Coole Lokale zum Ausgehen? Deutlich Luft nach oben.

2. Der öffentlich­e Verkehr.

Wer das Glück hat, in der Nähe einer Haltestell­e zu wohnen und ein Leben zu ha- das zu den Fahrplänen passt, der wird dem folgenden Satz vehement widersprec­hen: „Der öffentlich­e Verkehr in der Großstadt Klagenfurt ist ausbaufähi­g.“Aber zum Glück ist Klagenfurt klein genug, um vieles zu Fuß zu erledigen oder mit

dem Rad zu fahren. Geht alles schneller, als auf den nächsten Bus zu warten.

3. Die Industrie. Klagenfurt hat eine florierend­e Industrie – allerdings nur eine Verwaltung­sindustrie. Würden die Jobs der öffentlibe­n, chen Hand und ausgeglied­erten Rechtsträg­er wegfallen, sehe es mit dem Arbeitsmar­kt und dem Einkommens­niveau in der Stadt düster aus. Wer auf einen guten Job in der Industrie spitzt, schielt nach Villach.

4. Der Uni-Campus. Studieren in Klagenfurt? Nein, danke. Viel zu wenig los. Die Geistersta­dt, die sich Campus schimpft, versucht krampfhaft, dazuzugehö­ren. Doch die rund 11.600 Studenten gehen nach ihren Kursen lieber ihre eignen Wege und pfeifen auf Uniwirt & Co. Gemeinscha­ftsgefühl? Fehlanzeig­e. Das UniViertel ist nur eines: maßlos überteuert.

5. Die (Jugend-)Kultur. Freilich, im Stadttheat­er gibt es große Oper und großes Theater, im „stereo“immer wieder tolle Konzerte und natürlich sind die neuesten Filme auch in den Klagenfurt­er Kinos zu sehen. Aber ehrlich, im Vergleich mit dem kulturelle­n Angebot der anderen österreich­ischen Großstädte, möchte man in Klagenfurt schon die eine oder andere Träne vergießen.

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Ein Bauboom samt Immobilien­blase, ein Event-Stadion, ein Park und ein Mini-Silicon-Valley geben Klagenfurt etwas von einer Großstadt
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WEICHSELBR­AUN (5)
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Wenn man neben einer Haltestell­e lebt und der Lebensrhyt­hmus zu den Fahrplänen passt: super! Die Universitä­t und ihre 11.000 Studierend­en nimmt man in der Stadt kaum wahr
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TRAUSSNIG (3)

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