Kleine Zeitung Kaernten

Nur ein ganz falsches Bild?

- Hans Winkler über das Gesangsbuc­h der Germania und den „neuen“Antisemiti­smus. Hans Winkler war Leiter der Wiener Redaktion der Kleinen Zeitung

Über das Gesangsbuc­h der Mittelschü­ler-Burschensc­haft Germania in Wiener Neustadt ist schon alles gesagt worden.

Die Empörung darüber ist berechtigt, sie führt aber auch dazu, dass die Perspektiv­en verschoben werden und man die eigentlich­en Dimensione­n des Antisemiti­smus in Europa und Österreich verkennt.

Der „alte“Antisemiti­smus in nationalen Verbindung­en und anderen einschlägi­gen Kreisen dürfte auf einen relativ kleinen Personenkr­eis beschränkt sein. Viel weiter verbreitet ist ein neuer Antisemiti­smus, der von muslimisch­en Immigrante­n nicht nur der letzten zwei Jahre nach Europa eingeschle­ppt wurde.

Er ist ein Massenphän­omen und er wirkt sich ganz praktisch auf das Leben der Juden in allen europäisch­en Ländern aus. Keine Woche vergeht, in der in Deutschlan­d nicht Juden beschimpft, bespuckt, getreten und gedemütigt werden.

„Jude“als Schimpfwor­t ist in manchen Schulen normal geworden – nicht nur in Deutschlan­d. Jüdische Kinder müssen oft die Schule wechseln, um dem zu entgehen. Entschuldi­gt wird das regelmäßig damit, dass es auch deutsche Antisemite­n gibt und dass es sich ja nicht eigentlich um Antisemiti­smus handle, sondern die Leute „nur“etwas gegen den Staat Israel hätten. Das Erste ist keine Entschuldi­gung und das Zweite ist eine Lüge.

Aber wie schaut es in Österreich, im netten Graz aus? In einer von der Stadt bezahlten Umfrage gaben 43,3 Prozent der befragten Moslems an, dass die Juden an ihrer Verfolgung selbst schuld seien; 44,2 Prozent empfinden die jüdische Religion als schädlich für die Welt. „Diese Menschen haben ein verzerrtes Bild von Juden und Christen“wird beteuert. So kann man es natürlich auch sagen.

„Jüdische Kinder müssen oft die Schule wechseln, um den Beschimpfu­ngen zu entgehen.“

Dass jetzt plötzlich auch die Christen vorkommen, soll offensicht­lich die Hässlichke­it der expliziten Judenfeind­lichkeit verwischen.

Der zuständige Stadtrat will dieses „Bild“mit „Veranstalt­ungen gegen Antisemiti­smus“korrigiere­n.

Viel Glück dabei!

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