Das Sprachrohr der Merkel-Widersacher
Der CDU-Rebell Jens Spahn wird nun Minister im Kabinett der Kanzlerin.
Jens Spahn gilt als Galionsfigur der enttäuschten Merkel-Männer. Er soll all jene männlichen CDU-Mitglieder rächen, die die Christdemokratin in ihren 18 Jahren Parteivorsitz und zwölf Jahren Kanzlerschaft unterschätzt haben und dann in der politischen Versenkung verschwanden. Spahn hält stand und hat es trotz seiner Widerspenstigkeit bis zum Gesundheitsminister gebracht. Also vorausgesetzt, die SPD sagt am Sonntag nicht noch Nein und lässt die Große Koalition platzen.
Spahn, der ein enges Verhältnis zu Kanzler Sebastian Kurz pflegt, gilt nicht nur als Sprachrohr der konservativen Merkel-Widersacher in der CDU, er ist auch überaus ambitioniert, was die Rückbesinnung seiner Partei auf konservative Grundwerte betrifft. Doch statt Leitkultur und Heimatbegriff muss der 37-Jährige nun den Pflegenotstand, den Landärztemangel und das Auseinanderdriften von Privat- und Kassenpatienten managen. Prestigeträchtig sind diese Themen nicht gerade, wenngleich sie zu den drängendsten Problemen des Landes gehören.
Oft hört man von seiner Lust an der Provokation. Doch die zielte meist auf konkrete Inhalte, die er in seiner Partei zu wenig verortet sieht. Der Mann aus Ahaus an der niederländischen Grenze, der seit 2013 mit seinem langjährigen Partner Daniel Funke verheiratet ist, produziert aber nicht nur Worthülsen, er galt als versierter Finanzstaatssekretär und zudem als einer der profiliertesten Gesundheitspolitiker seiner Partei. Dennoch zielte er mit seinen Sprüchen zum Islam und zur Migrationspolitik auch persönlich gegen seine Parteiund Regierungschefin. In ihrem Kabinett wird er in Zukunft im Zweifel auf sie hören müssen.