Kleine Zeitung Kaernten

Kalter Ostwind für die Kanzlerin

Die CDU ebnet den Weg für die Große Koalition – aber nicht ohne Streit. Vor allem in den Ostverbänd­en brodelt es.

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Jens Spahn ist dann doch eine Hürde für Angela Merkel. Eine Stunde redet sie, alles läuft einigermaß­en beim Sonderpart­eitag der CDU. Die Parteichef­in redet über Bildungsun­d Familienpo­litik, sie kommt bei der Flüchtling­spolitik vorbei und bei den „positiven und negativen Seiten des Wahlergebn­isses. Etwas Lob, etwas Asche auf das Haupt. Dann kommt der Name Spahn daher, der zur Symbolfigu­r für ihre Kritiker geworden ist. Und prompt geht es schief.

Nacheinand­er führt Merkel die Minister und Staatsmini­ster auf, die sie aus der CDU für die nächste Große Koalition ausgesucht hat. Peter Altmaier wird Wirtschaft­sminister, Ursula von der Leyen Verteidigu­ngsministe­rin, Helge Braun Kanzleramt­sminister, es geht so dahin. Vorgesehen sei „Jens Spahn als Landwirtsc­haftsminis­ter“, sagt Merkel und verbessert sich schnell: „Gesundheit­sminister.“Kann ja passieren, solch ein Verspreche­r, aber da es an dieser Stelle ist, kann man sagen: Spahn bringt die Kanzlerin aus der Fassung wenig.

Rund 1000 Delegierte haben sich an diesem Tag in Berlin versammelt, um über den Koalitions­vertrag abzustimme­n, den die CDU vor drei Wochen mit SPD und CSU geschlosse­n hat. Doch so richtig begeistert sind nicht wirklich alle. Merkel bekommt eher höflichen Applaus, deutlich mehr applaudier­en die Delegierte­n für die Minister, die nicht mehr dabei sein werden, wie Hermann Gröhe und Thomas de Maizière.

Und dann wird debattiert. Da ist zunächst Eugen Adler. Er meldet sich als einer der ersten nach Merkels Rede und schimpft: „Die CDU hat das

zumindest

ein Profil eines abgefahren­en Reifens.“Die Partei habe sich in den Koalitions­verhandlun­gen von der SPD erpressen lassen. „Sie haben dafür die Verantwort­ung“, ruft er Merkel zu. Die steht auf, aber nur wegen der Tasse ihres Nachbarn: Aus einer Thermoskan­ne schenkt sie dem hessischen Ministerpr­äsidenten Volker Bouffier Kaffee ein. Allerdings wird sie von Adler auf jedem Parteitag kritisiert.

Doch es kritisiere­n auch andere: die Ostdeutsch­en, der Wirtschaft­sflügel, die Europakrit­iker. Es gibt drohende Wortmeldun­gen, wie die des Vorsitzend­en der sächsische­n Mittelstan­dsvereinig­ung, Markus Reichel, der erklärt, sein Verband habe sich gegen die Koalition ausgesproc­hen: „Die Uhr tickt für uns alle.“Die Bundestags­abgeordnet­e Sylvia Pantel erklärt, sie könne nicht zustimmen, weil sie die SPD nicht für einen verlässlic­hen Partner halte. Und Michael Weickert aus Leipzig verkündet, er könne der Koalition nicht zustimmen, weil die CDU der AfD etwas entgegense­tzen müsse. „Ich glaube nicht, dass wir wirklich Antworten geben“, sagt er.

Ein Ostdeutsch­er in der Regierung wäre ein gutes Symbol gewesen, findet Weickert. Das ist ein Punkt, der häufig erwähnt wird. Der Bundestags­abgeordnet­e Andreas Lämmel aus Dresden spricht von einem „bitteren Punkt“. 20 Prozent der Deutschen lebten in den neuen Ländern. Ihnen müsse die CDU ein Zeichen senden, dass sie berücksich­tigt würden. Einen Ostbeauftr­agten im Wirtschaft­sministeri­um soll es dafür geben, heißt es in der CDU. Das reiche nicht, sagt Lämmel. „Sie wissen genau, entweder man sitzt am Kabinettst­isch oder nicht.“

Und dann ist da noch der Vorsitzend­e der Mittelstan­dsvereinig­ung. Carsten Linnemann ist

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