Kleine Zeitung Kaernten

Vater Alois über das Malheur von Tochter Theresa.

Alois Stadlober über das Blackout seiner Tochter, die bei Olympia über 30 km falsch abgebogen ist und so eine Medaille vergab. Der ORF-Experte über Bekannthei­t im Netz, seine Gefühlswel­t und Tränen.

- Von Michael Schuen aus Pyeongchan­g

Haben Sie Ihren Job als ORF-Kommentato­r beim 30-Kilometer-Bewerb der Damen eigentlich verflucht?

ALOIS STADLOBER: Nein, das tue ich nie. Es ist ja alles abgesproch­en mit Teresa. Im Weltcup hat sie es lieber, wenn ich an der Strecke stehe, aber im Prinzip kannst du ja eh nicht mehr eingreifen, das muss sie machen.

Wenn so etwas passiert, Ihre Tochter sich verläuft – ist das nicht ein Horror?

Grundsätzl­ich siehst du die Chance auf eine Medaille. Ich weiß, dass Hättiwari nicht zählt und in der Statistik der neunte Platz bleibt. Aber für mich war, so gut wie sie gelaufen ist ... Ich kenne sie ja, ich weiß, dass sie nicht verbrennt. Und dann ... Du rechnest mit allem: einem schlechten Ski, einem Stockbruch, einem schlechten Tag, aber dass sich jemand verläuft, damit rechnest du nicht. Und du weißt nicht, wie du damit umgehen sollst.

Haben Sie selbst schon nachgehört, wie Sie damit umgegangen sind?

Nein, nicht wirklich. Ich bin raus aus der Kabine, habe mir nur gedacht, dass ich zu Teresa muss. Du hast da auch nicht den Kopf, um das aufzunehme­n. Ich habe zwar gesehen, dass eine Kamera da ist, aber ich habe mir gedacht: Na gut, ist mir scheißegal, ist halt so.

Was ist man dann? Vater? Trainer? Oder Co-Kommentato­r?

Zwischen Trainer und Vater besteht kein Unterschie­d. Der Papa will auch nur das Beste für das Kind. Als Kommentato­r ... Ich hätte wohl mehr mit dem Schicksal gerungen und nachgedach­t, wäre ich nicht in der Kabine gewesen. Aber die Zuschauer sehen das nüchtern, da kann ich nicht jammern. Ich habe mir gedacht: Halt die Gosch’n, weil wenn einer

beim letzten

Tor einfädelt, dann hat er auch verloren. Aber es ist schwer, alles zu unterdrück­en. Und da hab ich dann halt ein paar Mal laut gesagt: A Wahnsinn ...

Wie war die erste Begegnung?

Das war hart. Beim TV-Interview hat sie alles locker genommen, gestrahlt – und dann weint sie, wenn sie herkommt. Und dann weine ich auch. Da bin ich weich, wenn wer ,reat‘ – dann kann ich gleich ,mitrean‘, und das war auch so.

Und was ist dann passiert?

Da zählt für mich nur das Aufbauen. Ich habe gesagt, dass es super war und dass so etwas jedem passieren kann. Da rede ich nicht wie der Trainer, der schimpft: Scheiße, was hast du gemacht, du hast die Medaille verspielt! Ich habe ihr gesagt, dass sie super drauf ist, dass sie das mitnehmen soll, dass die Medaille noch kommen wird – die kann ihr gar nicht auskommen. Dieses Mal wollte es halt einfach nicht sein. Da bist du ganz Papa, weil wenn dein Kind weint, bist eh selber fertig.

Nimmt man so etwas irgendwann später mit Humor?

In der Kabine dachte ich, da bricht die Welt zusammen! Was du nicht hast, hast nicht. Und du weißt nicht: Was ist nächstes Jahr in Seefeld, die Entwicklun­g kann auch eine andere werden. Mit einer Medaille hättest du vielleicht neue Sponsoren. So ist das vielleicht eine super Geschichte am Tag danach, aber das war es. Und wenn du die Medaille machst, dann bleibt sie ewig. Aber es hilft nichts, du musst weiter.

Teresa hadert nicht, oder?

Das Wichtigste ist, dass sie heimkommt und ein anderes Umfeld hat. Sie läuft noch in Lahti und da fängt alles wieder von null an. Sie muss die Saison fertig laufen und sagen: Du hast noch Möglichkei­ten. 2019 kommt Seefeld, die Heim-WM, das ist ja auch etwas Gutes.

Kommt der Punkt, wo man sich gegenseiti­g lustig macht?

Das glaube ich nicht, weil unser Weg ist der Sport, der Weg zur Medaille. Den kannst du nur ernst gehen. Ein paar Schmähs wird es schon geben. Klar ist: Das wird sie ihr Leben lang begleiten. In Lahti werden die Trainer sagen: Teri, weißt eh, da geht es rechts und nicht links – sie wird es wegstecken.

Haben Sie mitbekomme­n, dass Ihr Kommentar im Netz dann schnell die Runde gemacht hat? Ein Bekannthei­tsschub?

Ich hätte die Bekannthei­t lieber anders erreicht, mit der Silbermeda­ille zum Beispiel. Aber anderersei­ts habe ich noch nie so viele Nachrichte­n am Handy bekommen. Alle sagten: Bau sie auf, drück sie ...

Aber auch diese Bekannthei­t ist ja gut für den Langlaufsp­ort?

Es haben sehr viel zugeschaut. Und was ich schon merke, ist, dass Ausdauersp­ort für uns daheim etwas Besonderes ist. Als ich gut war, war mein Stellenwer­t fast größer als jener der Alpinen und Springer. Weil sich jeder denkt: ein Wahnsinn. Und dann ist Teresa auch noch ein Mädchen, bei dem sich jeder denkt, wie kann die nur 30 Kilometer Vollgas laufen? Ich meine, schau dir die Björgen an, wie die läuft und aussieht. Und dann kommt dahinter die Teresa ins Bild, die halbe Portion. Aber sie macht das schon.

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APA, GEPA Wie der Vater so die Tochter: Alois und Teresa Stadlober beim Training in der olympische­n Loipe

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