Abgekartetes Spiel um das Höchstgericht
40 Juristen bewarben sich um zwei Stellen beim VfGH. Ehe das Hearing begann, war Entscheidung schon gefallen. Heute erfolgt Kür im Nationalrat.
Als gelernte Österreicher wussten die rund 40 Juristen, die sich für zwei Stellen am Verfassungsgerichtshof (VfGH) bewarben, dass ihre Kandidatur wenig Aussicht auf Erfolg hat. „Ich habe mich beworben, weil ich mich während meiner beruflichen Laufbahn mit verfassungsrechtlichen Fragen befasst habe“, erzählt die Wiener Rechtsanwältin Veronika Cortolezis, die sich letzten Freitag hinter verschlossenen Türen einem Hearing im Nationalsowie auch im Bundesrat gestellt hat. Nach 15 Minuten war die Sache vorbei, mehr Zeit war nicht eingeplant. „Mir war von Anbeginn an klar, dass ich als parteipolitisch Unabhängige kaum Chancen hatte.“Ein anderer Kandidat meint hinter vorgehaltener Hand: „Es war eine gute Er- fahrung, wenn auch nicht mehr als ein Schaulaufen.“
Aus 14 Mitgliedern setzt sich der VfGH zusammen. Je drei Mitglieder werden von Nationalrat bzw. Bundesrat ernannt, sechs Mitglieder sowie Präsident und Vizepräsidentin werden von der Regierung bestellt. Nur die Kandidaten der beiden Kammern müssen sich einem Hearing stellen. Mit 1. Jänner gingen drei Höchstrichter altersbedingt in Pension, deshalb die drei Nachbesetzungen.
Es wäre nicht Österreich, wenn die Personalentscheidungen von Nationalund Bundesrat das Ergebnis der Hearings widerspiegelten. Stattdessen wurde alles in Hinterzimmern ausgedealt. Das war übrigens unter roten Bundeskanzlern genauso, die moralische Empörung der SPÖ über die Bestellungen ist heuchlerisch. Im Zuge der Koalitonsverhandlungen hatten ÖVP und FPÖ ein umfangreiches Richterpaket geschnürt – mit folgendem Deal: Die ÖVP ernennt Präsident und Vizepräsident, einen der drei neuen Höchstrichter (Wolfgang Brandstetter) und den Nachfolger von EuGH-Richterin Maria Berger. Die FPÖ darf zwei Stellen nachbesetzen.
So wird heute vom Nationalrat der Linzer Verfassungsprofessor Andreas Hauer mit türkis-blauer Mehrheit zum Richter gewählt, Michael Rami wird vom Bundesrat bestellt. Wegen seiner dumpfen Aussagen zum Menschenrechtsgerichtshof („mitverantwortlich für multikriminelle Gesellschaft“) ist der Burschenschafter Hauer nicht unumstritten.