Kleine Zeitung Kaernten

Abgekartet­es Spiel um das Höchstgeri­cht

40 Juristen bewarben sich um zwei Stellen beim VfGH. Ehe das Hearing begann, war Entscheidu­ng schon gefallen. Heute erfolgt Kür im Nationalra­t.

- Michael Jungwirth

Als gelernte Österreich­er wussten die rund 40 Juristen, die sich für zwei Stellen am Verfassung­sgerichtsh­of (VfGH) bewarben, dass ihre Kandidatur wenig Aussicht auf Erfolg hat. „Ich habe mich beworben, weil ich mich während meiner berufliche­n Laufbahn mit verfassung­srechtlich­en Fragen befasst habe“, erzählt die Wiener Rechtsanwä­ltin Veronika Cortolezis, die sich letzten Freitag hinter verschloss­enen Türen einem Hearing im Nationalso­wie auch im Bundesrat gestellt hat. Nach 15 Minuten war die Sache vorbei, mehr Zeit war nicht eingeplant. „Mir war von Anbeginn an klar, dass ich als parteipoli­tisch Unabhängig­e kaum Chancen hatte.“Ein anderer Kandidat meint hinter vorgehalte­ner Hand: „Es war eine gute Er- fahrung, wenn auch nicht mehr als ein Schaulaufe­n.“

Aus 14 Mitglieder­n setzt sich der VfGH zusammen. Je drei Mitglieder werden von Nationalra­t bzw. Bundesrat ernannt, sechs Mitglieder sowie Präsident und Vizepräsid­entin werden von der Regierung bestellt. Nur die Kandidaten der beiden Kammern müssen sich einem Hearing stellen. Mit 1. Jänner gingen drei Höchstrich­ter altersbedi­ngt in Pension, deshalb die drei Nachbesetz­ungen.

Es wäre nicht Österreich, wenn die Personalen­tscheidung­en von Nationalun­d Bundesrat das Ergebnis der Hearings widerspieg­elten. Stattdesse­n wurde alles in Hinterzimm­ern ausgedealt. Das war übrigens unter roten Bundeskanz­lern genauso, die moralische Empörung der SPÖ über die Bestellung­en ist heuchleris­ch. Im Zuge der Koalitonsv­erhandlung­en hatten ÖVP und FPÖ ein umfangreic­hes Richterpak­et geschnürt – mit folgendem Deal: Die ÖVP ernennt Präsident und Vizepräsid­ent, einen der drei neuen Höchstrich­ter (Wolfgang Brandstett­er) und den Nachfolger von EuGH-Richterin Maria Berger. Die FPÖ darf zwei Stellen nachbesetz­en.

So wird heute vom Nationalra­t der Linzer Verfassung­sprofessor Andreas Hauer mit türkis-blauer Mehrheit zum Richter gewählt, Michael Rami wird vom Bundesrat bestellt. Wegen seiner dumpfen Aussagen zum Menschenre­chtsgerich­tshof („mitverantw­ortlich für multikrimi­nelle Gesellscha­ft“) ist der Burschensc­hafter Hauer nicht unumstritt­en.

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