Journalistenmord erschüttert
Slowakischer Kulturminister trat zurück. Spur führt zu Italiens Mafia.
Schon von Anfang an deutete alles auf die Organisierte Kriminalität hin: Der Mord am slowakischen Investigativjournalisten Ján Kuciak und seiner Verlobten Martina Kuˇsnírová wurde von Profis durchgeführt. Am Tatort sollen scharfe Patronen verstreut gewesen sein, ein in Mafiakreisen übliches Signal zur Abschreckung.
Gestern wurde der unvollständig gebliebene Text von Kuciaks letzter Reportage von mehreren slowakischen Medien veröffentlicht. Es geht darin um mutmaßlichen Steuerbetrug und um Betrug mit EUSubventionen im Osten der Slowakei, hinter denen offenbar Italiener mit Verbindung zur kalabrischen Mafia ’Ndrangheta stecken. Die Verstrickungen der ’Ndrangheta sollen bis in Die slowakische Regierung bietet eine Million Euro für Hinweise
die höchsten Kreise der slowakischen Politik reichen. Sollten Kuciaks Recherchen stimmen, wäre es der Mafia gelungen, Verbindungsleute bis direkt in das Büro des sozialdemokratischen Regierungschefs Robert Fico zu schleusen und damit Zugang zu geheimen Staatsinformationen zu bekommen.
In politischen Kreisen scheint der Mord ein Erdbeben auszulösen. Der slowakische Kulturminister Marek Mad’aricˇ trat gestern überraschend zurück – er könne es sich nicht vorstellen, danach noch „ruhig in seinem Ministersessel sitzen zu bleiben“. EU-Parlamentschef Antonio Tajani verurteilte den Mord als „neuen, inakzeptablen Angriff auf die Pressefreiheit“. Und EU-Haushaltskommissär Günther Oettinger kündigte der „Welt“gegenüber an, dass die EU Nachforschungen anstellen werde: In ein paar Wochen werde es über die Finanzströme Klarheit geben. Oettinger hält es für möglich, dass in dem Fall Zahlungen an Landwirte oder Agrarunternehmen für kriminelle Zwecke missbraucht worden seien.