Kleine Zeitung Kaernten

Die Angst des Siegers vor dem Alleinsein

Dass die SPÖ die Wahl in Kärnten gewinnt, steht wohl außer Zweifel. Schwierig wird für Peter Kaiser die Partnersuc­he.

- Von Wolfgang Fercher

Als passionier­ter Langstreck­enläufer bietet sich für Peter Kaiser ein Marathon an. Seit Dienstag absolviert der Kärntner Landeshaup­tmann seinen „Kaiser-Marathon“. In 100 Stunden will er 42 Stationen im ganzen Land besuchen. Die Laufschuhe lässt der SPÖ-Chef im Wahlkampff­inale lieber zu Hause. Am Sonntag wählt Kärnten einen neuen Landtag. Bei zweistelli­gen Minustempe­raturen laufen die Vertreter von zehn Listen um Wähler, reden sich um Kopf und Kragen, verteilen Tee, Taschentüc­her, Feuerzeuge. Daran, dass der Amtsinhabe­r einen überlegene­n Start-Ziel-Sieg feiern wird, zweifelt niemand. Die These einer „Renaissanc­e der Landesfürs­ten“soll nach Johanna Mikl-Leitner in Niederöste­rreich und Günther Platter in Tirol (beide ÖVP) jetzt auch ein SPÖ-Politiker verifizier­en.

2013 kam die SPÖ auf 37,1 Prozent der Stimmen. Und Kaiser löste Gerhard Dörfler (FPK) als Landeshaup­tmann ab. Die Wähler hatten wohl genug von der Brot-und-Spiele-Politik Jörg Haiders und dessen Epigonen. Eine vergangene Woche veröf- fentlichte OGM-Umfrage im Auftrag der Kleinen Zeitung prognostiz­iert der SPÖ für diese Landtagswa­hl einen satten Zuwachs auf 44 Prozent. OGMChef Wolfgang Bachmayer schließt sogar eine „absolute Mandatsmeh­rheit“nicht aus. Dies sei vor allem denkbar, wenn kleinere Parteien es nicht in den Landtag schaffen sollten, erklärt der Meinungsfo­rscher.

Kaiser selbst gibt sich in der Zielformul­ierung bescheiden­er und hofft auf „39,9 Prozent der Stimmen“. Auf eine Schlussver­anstaltung verzichtet die SPÖ, Samstagabe­nd gibt es einen Fackellauf in Klagenfurt. Ein klarer Sieg dürfte die Suche nach einem Koalitions­partner nicht erleichter­n. Kaiser, der auf den Amtsbonus und das Thema Bildung setzt, könnte letztlich allein dastehen.

Der Wiedereinz­ug der Grünen in den Landtag (landesweit fünf Prozent oder Grundmanda­t in einem der vier Wahlkreise) scheint fraglich. Die aktuelle Umfrage gibt der Partei von Rolf Holub nur zwei bis drei Prozent. 2013 erreichte man 12,1 Prozent der Stimmen. Zum Absturz auf Bundeseben­e kamen interne Querelen in der Landespart­ei. Die Arbeit von Holub als Landesrat (Energie, Umwelt) in der Dreierkoal­ition mit SPÖ und ÖVP kommt bei den Wählern offenbar nicht an.

Platz 2 und klare Zuwächse für die FPÖ sind wohl fix. Laut OGM liegt man bei 24 Prozent, in internen Umfragen sahen sich die Freiheitli­chen mit Spitzenkan­didat Gernot Darmann schon bei knapp 30 Prozent. Mit RotSchwarz im Bund wäre für die FPÖ mehr drin gewesen, glaubt der Politberat­er Thomas Hofer. 16,9 Prozent erreichte die FPÖ 2013, damals entfielen aber auch 6,4 Prozent auf das BZÖ, das diesmal zwar noch antritt, aber keine Bedeutung mehr hat. Im Wahlkampf hat sich die FPÖ auf die Dreierkoal­ition eingeschos­sen und einen vermeintli­chen „Stillstand“im Land beklagt. Kaiser hält dem die Lösung der Causa Hypo/Heta entgegen, mit der man das Land vor der Milliarden­pleite rettete. Der Vorwurf der FPÖ, schlecht verhandelt zu haben, ärgert den SPÖChef: „Das erinnert an einen Brandstift­er, der danach der Feuerwehr vorwirft, zu viel Wasser verbraucht zu haben.“

Die großen Aufreger blieben im Wahlkampf aus. Dank einer von der Dreierkoal­ition beschlosse­nen Verfassung­sreform gibt es künftig eine echte Koalitions­regierung, nicht wie bisher eine Regierung mit Vertretern aller Parteien mit mehr als zehn Prozent der Stimmen. In der zu Ende gehenden Periode verteilen sich die sieben Regierungs­sitze D auf gleich fünf Parteien. ie in Kärnten traditione­ll schwächeln­de ÖVP darf auch mit Zuwächsen rechnen. 14,4 Prozent waren es 2013, damals noch unter dem Eindruck der Verurteilu­ng von Ex-Parteichef Josef Martinz in der Causa Birnbacher. Spitzenkan­didat Christian Benger ist parteiinte­rn umstritten, im Wahlkampf wurde er eher in einem Team „versteckt“. Dank „Kurz-Effekt“kann die ÖVP laut OGM mit rund 18 Prozent der Stimmen rechnen. Benger gab sich zuletzt als Verteidige­r

Es wäre ein rein landespoli­tischer Erfolg der SPÖ. Von bundespoli­tischem Rückenwind­kannman nicht sprechen. Wolfgang Bachmayer

der christlich­en Kultur: „Marterln sind mir lieber als der Sichelmond“, sagte er zur Kleinen Zeitung. Im „Standard“legte er jetzt noch nach: „Es gibt das Christkind, den Weihnachts­mann gibt’s nicht“, so Benger. Die Kärntner Tracht will er zum Weltkultur­erbe machen.

Von den „Kleinen“wird am ehesten dem Team Kärnten (vormals Team Stronach) von Landesrat Gerhard Köfer der Einzug in den Landtag zugetraut. Der frühere SPÖ-Politiker Köfer, der sich Kontrolle auf die Fahnen heftet, würde sowohl „eine linke als auch rechte Regierung“stützen. Die Neos hoffen, mit Ex-Schlagersä­nger Markus Unterdorfe­r-Morgen- stern als Spitzenkan­didat und in einem Wahlbündni­s mit Kärntner Slowenen, auf eine Überraschu­ng. Zum Wahlkampff­inale kommt Parteigrün­der Matthias Strolz nach Kärnten. Auch bei den anderen Parteien haben sich für die Abschlusse­vents die Bundeschef­s angesagt – Vizekanzle­r Heinz-Christian Strache bei der FPÖ und Werner NKogler bei den Grünen. ach der Wahl ist die Nummer 1 am Zug. Die „stimmenstä­rkste wahlwerben­de Partei hat die anderen wahlwerben­den Parteien, die Mandate im Landtag erzielt haben, zu Verhandlun­gen über die Bildung der neuen Landesregi­erung einzuladen“, heißt es in der Landesverf­assung. „Es gilt unser Kriterienk­atalog“, sagt Kaiser zu einer möglichen Koalition mit der FPÖ, die eher unwahrsche­inlich ist. Wie auch eine Neuauflage der Dreierkoal­ition. Sollte die SPÖ keinen Partner finden, könnten FPÖ und ÖVP kooperiere­n. „Gegen einen klaren Wahlsieger eine Koalition zu schmieden, wäre dem Wähler aber schwer zu erklären“, sagt Politberat­er Hofer.

434.121 Kärntnerin­nen und Kärntner sind wahlberech­tigt, 19.889 von ihnen gaben schon am Vorwahltag vergangene Woche ihre Stimme ab. Die letzten Wahllokale schließen am Sonntag um 16 Uhr, die erste Hochrechnu­ng gibt es um 17 Uhr.

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Mit wem kann Kaiser reden? Holub (oben) zittert. Köfer (rechts oben) hat Chancen. Oder tun sich gar Benger und Darmann (rechts) zusammen?
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WEICHSELBR­AUN (2), TRAUSSNIG, EGGENBERGE­R
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