„So wie vor fünf Jahren“
AM SCHAUPLATZ. Angekündigt waren Wahlpartys – doch gefeiert wurde in der Nacht nach der Wahl hauptsächlich bei der SPÖ. Und selbst da mit Demut.
Einen Moment lang verliert Sebastian Kurz die Kontrolle über sein Mienenspiel. Ein Fotograf fragt den Bundeskanzler, ob er ein Bier in die Hand nehmen würde, „damit wir ein Feier-Foto machen können?“„Sie werden nie ein Bild von mir mit einem Bier in der Hand machen.“„Wein?“Blankes Entsetzen. Aber sogleich hat Kurz sein Lächeln zurück. Höflich und unverbindlich. So unverbindlich, wie er auch über die Zukunft von Christian Benger als Chef der Kärntner Volkspartei spricht. Gremien, Dienstag, Team. Die üblichen Schlagwörter.
Zwei, die aus dem Parteisprech ausbrechen, stehen in der Bar eines Klagenfurter Hotels am Rande: die Landtagsabgeordneten Herbert Gaggl und Markus Malle. Er hätte gerne „einen Zweier vorne gesehen“, sagt Gaggl mit Blick auf die 15,35 Prozent, die die ÖVP landesweit erreicht hat. Dass er in seiner Gemeinde 4,55 Prozent verloren hat, verschweigt er in dem Moment. Es ist ein Detail im Wahlergebnis, das dem Widersprecher von Benger die Argumentationsbasis entzieht.
Während auf einer Leinwand im Hintergrund Filme mit Bikini-Mädchen in der Endlosschleife laufen, befindet sich auch Benger ein letztes Mal in der Endlosschleife. „Wir haben eine Strukturreform gefordert, wir können nicht auf Dauer mehr ausgeben, als wir einnehmen.“Dies sei seine Koalitionsbedingung. Johann Mößler, Präsident der Landwirtschaftskammer, relativiert die Ansage. Z „Jetzt sind wir nach der Wahl.“ukunftssorgen anderer Art gibt es zwei Kilometer stadteinwärts. Im Klagen- furter Villen-Viertel stehen die Grünen im Foyer eines noblen Palais zusammen. Es ist ihr Parteilokal. Wie lange noch? Das ist so offen wie die übrige Zukunft der Partei. „Immerhin bekomme ich jetzt Lebensqualität zurück“, sagt ein Parteimitarbeiter. Ein Funktionär hingegen hat den Grund für die Wahlniederlage schon identifiziert. Er brüllt „Lügenpresse, Lügenpresse“in sein Gin-Glas.
Eine junge Frau an der Ukulele hält mit Pop-Liedern dagegen. „Follow me and everything will be alright.“Folge mir und alles wird gut, singt sie. Rolf Holub wird den Grünen jedenfalls keinen Weg vorgeben. „Wovon soll ich zurücktreten? Es gibt nichts mehr.“
So gezwungen Holubs Lächeln bei diesem Scherz ist, so ehrlich strahlt Evelyn Köfer bei der Wahlparty in einem Klagenfurter Innenstadtlokal. Die Frau des Team-Kärnten-Spitzenkandidaten erzählt vom Wahlkampf, den man vom Küchentisch aus gemanagt habe. Jetzt könnte Gerhard Köfer neuerlich Landesrat werden. Christian Puswald, Rechtsanwalt und ehemaliger SPÖ-Nationalrat, ergänzt: „Und mich nimmst als zweites Regierungsmitglied dazu.“Das Lachen der beiden Herren kennt kein Halten. Tiefsinniger gibt sich Stefan Petzner beim Referat über „den besonnenen Kaiser, den die Leute nach den turbulenten FPÖ-Jahren schätzen“.
Der einstige Haider-Sprecher hat 2013 den Wahlkampf Köfers gemanagt, jetzt freut er sich für ihn – und über das Ausscheiden der Grünen. Häme, die Gernot Darmann seinen Leuten verbietet. „Wir treten nicht nach, es ist schade um die Grünen“, lässt
Darmann beim Zusammenstehen in den freiheitlichen Büros im Landhaus aufhorchen. Würde er eine Koalition gegen Kaiser – zu diesem Zeitpunkt rechnerisch möglich – anführen? Stirnrunzeln, Kopfschütteln. „Das entspricht nicht dem Wunsch der Wähler.“Alles andere sei Verhandlungssache.
Verhandeln will auch Klagenfurts freiheitlicher Stadtparteichef Wolfgang Germ – und zwar innerhalb der Partei. „Wir müssen den Rückenwind der Landtagswahl nutzen und der Bevölkerung rasch sagen, wer 2021 unser Bürgermeisterkandidat B in Klagenfurt wird.“ei der Wahlfeier der SPÖ blickt man auch nach vorne – nur mit enger gesetztem Zeithorizont. „Was soll ich jetzt mit der ganzen Freizeit machen?“, fragt eine Wahlhelferin, die in den letzten Wochen „tagtäglich“Hausbesuche gemacht hat. Andere beschäftigt die Frage nach dem Regierungspartner – und ob es einen vierten Regierungssitz geben wird.
Wer darf ihn einnehmen? Andreas Scherwitzl, Bürgermeister in Magdalensberg, wird als potenzieller Kandidat gehan- delt, Stefan Sandriesser, Vorsitzender der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst, ebenso. Einer winkt ab. Gernot Nischelwitzer, oberster Personalvertreter in der Landesregierung. „Mit dieser Regierung haben wir ohnehin den achten Regierungssitz“, rechnet er vor. Andere Parteimitglieder rechnen immer noch nach. „Ich war schon vom Vierer verblüfft“, sagt Bundesrätin K Ana Blatnik. napp vor 22 Uhr mahnt man zur Ruhe im Parteilokal. Im Halbkreis hat man sich hinter Peter Kaiser versammelt, der steht vor einer ORFKamera und gibt Armin Wolf ein Interview. Die Fragen hören die Schlachtenbummler im Hintergrund nicht, aber als Peter Kaiser sagt, „er hat immer eigene Interpretationen der politischen Realität gehabt, sonst wäre er bei der SPÖ geblieben“, weiß jeder, dass dies ein Scherz auf Kosten Köfers war.
„Peter, wie hast du ein Interview geben können, ohne dass du den Wolf siehst?“, will ein Anhänger mit rotem Schal hinterher wissen. Kaiser: „So wie vor fünf Jahren. Man bekommt Routine.“