„Auch Benger weiß, dass es nur eine Frage der Zeit ist“
Rudi Egger, ÖVP-Vizebürgermeister von St. Veit, über den ObmannWechsel in der ÖVP, Fehler im Wahlkampf und sein mögliches Antreten.
Als Vizebürgermeister von St. Veit sitzen Sie im ÖVP-Parteivorstand. Gab es dort Krisenstimmung?
RUDI EGGER: Die Stimmung war gedämpft. Es herrscht Ernüchterung. Die Mehrheit in der Partei sieht die Situation für die Kärntner ÖVP sehr sehr kritisch. Die Wähler haben uns deutlichste Zeichen gesetzt.
Was ist zu tun?
Wir haben ein Mandat dazugewonnen, doch den Bundesratssitz und Stimmen verloren. Trotz Rückenwind aus der Bundesregierung. Wenn wir den nicht gehabt hätten, wer weiß, wo wir gelandet wären. Das sollte sehr zum Nachdenken geben. Jeder, der dieses Signal nicht erkennt, hat in der Politik nichts verloren. Ich hätte mir von der Parteispitze erwartet, dass klar gesagt wird: Wir haben Fehler gemacht. Das wurde aber nicht gemacht. Die Selbstkritik ist sehr bescheiden ausgefallen.
Es gibt keine personellen Konsequenzen. Parteichef Christian Benger sieht die ÖVP geschlossen. Ist es so?
Die Basis ist sauer. Und ich sehe mich als Sprecher der Basis. Deshalb rede ich jetzt. Nach so einem Ergebnis kann man nicht mehr ruhig bleiben. Viele hätten sich erwartet, dass im Parteivorstand Entscheidungen getroffen werden. Doch dort wollte man nichts überstürzen und Ruhe bewahren. Als Erstes müssen wir jetzt schauen, in die Verhandlungen mit der SPÖ zu kommen. Denn die ÖVP ist keine Oppositionspartei. Wir wissen aus der ÖVP-Vergangenheit, dass schnell Köpfe rollen. Da ist der neue Stil jetzt besser, dass man seriös vorgeht, statt Schnellschüsse zu machen.
Sitzt ÖVP-Chef Christian Benger fest im Sattel?
Das kann ich mir nicht vorstellen. Im Parteivorstand war das zwar kein Thema. Doch es gab schon vor einem Jahr interne Kritik, auch von mir, dass er Spitzenkandidat wird. Wir sind aber nach außen geschlossen aufgetreten.
Der Obmann-Wechsel war trotz Kritik im Vorfeld im Parteivorstand kein Thema?
Nein. Doch das braucht ja keiner auszusprechen. Denn jeder weiß, dass es nur eine Frage der Zeit ist. Christian Benger selbst weiß es auch. Ich habe ihn in den letzten Monaten schätzen gelernt. Er war fleißig, aufopfernd. Aber es ist gefährlich, in Themen zu gehen, in denen man nicht bewandert ist. Als Quereinsteiger gleich Landesrat und Parteichef zu werden, das ist, wie wenn man in eine Waschtrommel steigt. Ein hohes Alter in der Politik erreicht man nur, wenn man glaubwürdig ist. Das ÖVP-Ergebnis am vergangenen Sonntag war die deutliche Antwort der Kärntner Wählerinnen und Wähler.
Wo sehen Sie Fehler, die im Wahlkampf gemacht wurden?
Der schwerste Fehler war, als Benger die 140 Millionen Euro zum Einsparen im Spitalsbereich forderte. Damit war die ÖVP für viele nicht mehr wählbar. Diese Stimmen bekam Peter Kaiser. So haben etliche Menschen das Vertrauen in Benger und die ÖVP verloren.
Die ÖVP stellt jetzt Ex-Parteichef und Nationalratsabgeordneten Gabriel Obernosterer als Verhandler an die Seite Bengers. Eine Notmaßnahme?
Es ist vernünftig, dass Obernosterer mit seiner großen Erfahrung als Koalitionsverhandler von 2013 dabei ist. Wir müssen aber wissen, dass wir mit diesem Wahlergebnis nicht die sind, die groß fordern können.
Wer könnte künftig ÖVP-Chef werden?
Wir haben von West bis Ost geeignete Kandidaten.
Sie selbst auch?
Bis jetzt war das für mich ausgeschlossen, weil ich mit Freude in der St. Veiter Stadtpolitik tätig bin und als Geschäftsführer des Hilfswerkes. Aber ausschließen tu ich jetzt nichts mehr.