Die sieben Todsünden: Macht Gier geil?
Sieben Todsünden kennt die katholische Kirche. Leichter erklären sie sich als „Wurzelsünden“: Für sich genommen triviale Laster, sind sie die Wurzel weiterer Sünden, die sie unweigerlich nach sich ziehen. Sie sind „Grundgefährdungen“des Menschen. Eine der Todsünden ist die Gier, und die ist bekanntlich ein Hund.
Viele meinen, Eva Glawischnigs Metamorphose zur Glücksspielkonzern-Managerin sei vor allem der Gier geschuldet. Die Resonanz auf diesen Sündenfall war groß: Die satirische „Tagespresse“übernahm die Meldung unverändert, weil sie bizarrer nicht zu erfinden gewesen wäre.
Ein Medium titelte „Die verlorene Ehre der Eva G.“. Die Kärntner Grünen stellten Glawischnig buchstäblich ihren Ehrensitz vor die Tür. Und wiewohl man über Äußeres keine Scherze treiben soll, ist folgender Forendialog einfach zu trefflich: „Was ist mit ihrem Gesicht?“– „Sie hat es verloren.“
Bei einem gewissen Typus von Sozialdemokraten („Genosse der Bosse“) war man die postfunktionale Doppelmoral fast schon gewohnt. Gewiss billigt man Männern auch mehr Talent zur Gewissenlosigkeit zu. Aber Grüne schienen dagegen immun; das war ihr Markenkern. Nun steht Glawischnig als Heuchlerin da.
Auch die Behauptung „Jeder hat seinen Preis“ist zynisch. Ich biete Ihnen 100 Millionen Euro, aber 100 Menschen werden dafür sterben?
Das ist wohl eher eine Grundsatz- als eine Preisschwellenfrage. Und rasend gut dürfte Glawischnigs neuer Job nicht einmal bezahlt sein. Noch stärker als die Gier ist nämlich eine andere Todsündenspielart: die Geltungssucht. Hier paart sich die Gier mit dem Stolz. Manche Personen, die Macht und Aufmerksamkeit genossen, sind danach auf hartem Entzug: Suche Geltung, mache alles.
N ein, es sind nicht alle Politiker korrupt, gewissenlos und käuflich. Aber es braucht oft hohe Geltungssucht und ein großes Ego, um Spitzenpolitik auszuhalten: heutzutage, im Zeitalter der medialen Dauerbeobachtung, mehr denn je. Umso erfrischender, dass da letzten Sonntag in Kärnten ein Untypischer gewonnen hat.
„Noch stärker als die Gier ist eine andere Todsündenart:die Geltungssucht. Hier paart sich die Gier mit dem Stolz.“