Kleine Zeitung Kaernten

Bundespräs­ident Van der Bellen zeigt sich über die umstritten­e Hausdurchs­uchung beim Geheimdien­st „höchst irritiert“.

Bewaffnete Beamte durchsucht­en den Verfassung­sschutz und sollen sensible Daten mitgenomme­n haben. Ein Überblick, worum es in der Causa, die politisch hohe Wellen schlägt, geht.

- Von Christina Traar

Mehr als eine Woche ist es her, dass schwer bewaffnete Beamte das Bundesamt für Verfassung­sschutz und Terrorismu­sbekämpfun­g (BVT) sowie Privatwohn­ungen von Mitarbeite­rn stürmten. Die von der Wirtschaft­sund Korruption­sstaatsanw­altschaft (WKStA) geleitete Hausdurchs­uchung sorgt seit Tagen für Kritik und wurde medial sogar als „Staatsaffä­re“bezeichnet. BVT-Chef Peter Gridling steht vor der Demontage.

Was ist passiert? Die WKStA hat ein Ermittlung­sverfahren gegen Mitarbeite­r des BVT eingeleite­t, es steht der Verdacht des Amtsmissbr­auchs (Weitergabe in Österreich hergestell­ter nordkorean­ischer Pässe an Südkoreas Geheimdien­ste) und einer verbotenen Sicherung von Daten im Raum. Ende Februar stürmten deshalb Beamte der Einsatzgru­ppe zur Bekämpfung der Straßenkri­minalität die Räumlichke­iten. Drei BVT-Mitarbeite­r wurden suspendier­t.

Doch Zeitungsbe­richte von „Profil“und „Standard“machten die Sache brisant: Bei der Durchsuchu­ng soll auch ein Datenträge­r beschlagna­hmt worden sein, der nichts mit dem Fall zu tun hat – jener von Sibylle Geißler, der Leiterin des Extremismu­sreferats. Laut den Medien soll die auf ihrem Rechner befindlich­e Extremismu­sdatenbank – die auch Einträge über Burschensc­haften und Identitä- re beinhaltet – ebenfalls beschlagna­hmt worden sein. Deshalb sei ausgerechn­et die von einem FPÖ-Gewerkscha­fter geleitete Sondereins­atztruppe für die Durchsuchu­ng eingesetzt worden – im Interesse des FPÖgeführt­en Innenminis­teriums, so der schwerwieg­ende Vorwurf. Zudem sei das Justizmini­sterium über die Aktion im Dunkeln gelassen worden.

Die politische Aufregung über die Causa ist groß. Die SPÖ kündigte eine Sondersit-

Die Vorgänge rund um das Bundesamt für Verfassung­sschutz sind höchst ungewöhnli­ch und irritieren­d. Alexander Van der Bellen Bundespräs­ident

zung im Nationalra­t an, die Neos beriefen den Nationalen Sicherheit­srat ein. Sogar ein UAusschuss steht nun im Raum. Auch Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen fand deutliche Worte, die Causa sei „höchst ungewöhnli­ch und irritieren­d“und müsse „rasch und vollständi­g“aufgeklärt werden.

Gestern meldete sich der Generalsek­retär des Justizmini­steriums, Christian Pilnacek, zu Wort – und war bemüht, den Vorwürfen zu widersprec­hen. Bei der Durchsuchu­ng seien keine Extremismu­s-Daten, sondern 19,1 Gigabyte an privaten Ordnern beschlagna­hmt worden. Denn Geißler stehe in einem Naheverhäl­tnis zu einem Verdächtig­en. Allerdings könne Pilnacek nicht ausschließ­en, dass sich in den Ordnern auch Fallakten befinden könnten. Die Beschlagna­hme sei zudem nicht von den Beamten, sondern von IT-Experten der WKStA durchgefüh­rt worden – im Beisein einer Staatsanwä­ltin. Die Dateien befinden sich aktuell in „einem besonders gesicherte­n Raum der WKStA“, das Innenminis­terium habe keinen Zugriff. Dass die umstritten­e Einheit zum Einsatz kam, begründete Pilnacek damit, „dass Polizeikrä­fte tätig werden, die in keinster Weise in den Verdachtsf­all involviert sind“. Warum sein Ministeriu­m nicht über die Untersuchu­ng informiert wurde? In einer Verordnung sei 2016 festgelegt worden, dass die WKStA das Ministeriu­m nur in Ausnahmefä­llen informiere­n muss. Pilnacek bestätigte damit die Dementis des Generalsek­retärs im Innenminis­terium, Peter Goldgruber.

Wie es in der Causa nun weitergeht, ist unklar. Fest steht, dass die Wirtschaft­s- und Korruption­sstaatswal­talt einen Bericht über den umstritten­en Einsatz vorlegen muss. Justizmini­ster Josef Moser (ÖVP) kündigte diesen für Anfang nächster Woche an. Am 20. März wird sich zudem das Parlament mit der Causa beschäftig­en, dann tagt der ständige Unteraussc­huss des Innenaussc­husses zur Kontrolle der Nachrichte­ndienste. Für BVT-Chef Gridling wird es indes eng. Innenminis­ter Herbert Kickl (FPÖ) hat angekündig­t, dessen auslaufend­en Vertrag „nicht ohne Weiteres“zu verlängern. Eine Entscheidu­ng steht nächste Woche bevor.

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APA (3) Für BVT-Chef Gridling wird es nach der Durchsuchu­ng seines Hauses eng
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Pilnacek: „19,1 Gigabyte Daten beschlagna­hmt“

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