Wir verlieren unsere Freiheit
Demokratiepolitisch bedenklich ist, dass für die geplanten Gesetzesvorhaben kein weiteres, herkömmliches Begutachtungsverfahren vorgesehen war. Das sieht man offenbar auch im Nationalrat so, wo nun ein Begutachtungsverfahren initiiert wurde. Der aktuelle Vorschlag der Bundesregierung ist ein reines Überwachungspaket, der Nationalrat sollte aber ein echtes Sicherheitspaket beschließen. Ein wichtiger Kritikpunkt am Gesetzesentwurf ist, dass massiv in das Briefgeheimnis eingegriffen werden wird – und das ohne Rechtsschutzmöglichkeit. Ein solcher radikaler Grundrechtseingriff kann nicht nachvollzogen werden und ist abzulehnen.
Durch die geplanten „Bundestrojaner“, welche ebenfalls eine unzulässige Grundrechtsverletzung darstellen, kann sogar die gesamte Infrastruktur des Landes gefährdet werden. Da der Kreis der durch die Überwachung Betroffenen weit über verdächtige Personen hinausgeht, werden auch unbeteiligte Dritte von der Überwachung erfasst. Träger von Berufsgeheimnissen wie Rechtsanwälte, Journalisten und Ärzte sind bezüglich ihrer Verschwiegenheitsverpflichtungen massiv gefährdet. Diese Kollateralschäden sind gewichtig und nicht rechtfertigbar, aber nimmt man vorsätzlich hin.
Der Kauf von Handywertkarten („Prepaid-Karten“) war bisher anonym möglich, nun muss der Anbieter die Stammdaten des Käufers erfassen. Es ist aber unverhältnismäßig, 5,1 Millionen Verwender von Prepaid-Karten unter Generalverdacht zu stellen und folglich in ihre Grundrechte einzugreifen.
I nsgesamt ist festzuhalten, dass maßlose Videoüberwachung und Vorratsdatenspeicherung durch die Hintertür tief greifende, nicht rechtfertigbare Einschnitte in die Grundrechte der Bevölkerung darstellen. Einem Missbrauch sind Tür und Tor geöffnet, wie die Korruptionsvorwürfe gegen das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung zeigen. Ein Zuviel an Daten in der Hand eines bereits übermächtigen Staates ist absolut schädlich und wir werden als Menschen sehr rasch unsere Freiheit verlieren.
Bernhard Fink, Rechtsanwalt in Klagenfurt, Vizepräsident des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages und der Rechtsanwaltskammer für Kärnten
„Einem Missbrauch ist Tür und Tor geöffnet, wie die Korruptionsvorwürfe gegen das Bundesamt für Verfassungsschutz zeigen.“