Kleine Zeitung Kaernten

„Theater soll auch politisch sein“

Valerie Voigt-Firon inszeniert das „Mädchen mit dem Fingerhut“.

- Marianne Fischer

Ein Mädchen, irgendwo in einer Stadt in Westeuropa. Sie nennt sich Yiza, die Sprache um sich herum versteht sie nicht. Sie findet zwei Freunde, kommt ins Heim, haut wieder ab. Michael Köhlmeier erzählt in „Das Mädchen mit dem Fingerhut“eine höchst aktuelle Geschichte von Menschen ohne Herkunft, von Entwurzelu­ng und der Suche nach ein bisschen Wärme. Nun kommt es in einer Dramatisie­rung von Valerie Voigt-Firon in Klagenfurt als österreich­ische Erstauffüh­rung auf die Bühne.

Die aus Unterloibl stammende Kärntnerin hat bereits im Vestibül des Burgtheate­rs Wolfram Hölls „Drei sind wir“in Szene gesetzt – die von der Kritik gelobte Produktion wurde gerade zum Heidelberg­er Stückemark­t eingeladen. An Köhlmeiers Geschichte fasziniert Voigt-Firon, dass sie aus Perspektiv­e des Kindes erzählt wird: „Man spürt diese Sprach- losigkeit“, so die 32-Jährige: „Es geht um eine kindliche Perspektiv­e auf eine grausame Welt. Man kann sich ja kaum vorstellen, wie traumatisc­h Flucht-Erfahrunge­n sind.“

Spannend findet sie auch die Figur einer Frau, die helfen will, Yiza dabei aber praktisch einsperrt: „Da geht es auch um Fragen wie: Was ist Hilfe? Wie sehr ist Hilfe auch Vereinnahm­ung? Das Kind kann sich ja nicht wehren.“Köhlmeier, der zur Premiere am Mittwoch erwartet wird, habe ein schönes Bild dafür gefunden, dass Hilfe ambivalent sein kann, aber trotzdem auch nötig ist.

Überhaupt findet Voigt-Firon, dass Theater auch „politisch sein soll“. Deshalb ist sie gespannt auf die Intendanz von Martin Kuˇsej, mit dem sie während ihrer Zeit als Regieassis­tentin am Burgtheate­r zusammenge­arbeitet hat. Gelandet ist sie dort, weil ihr das Studium der Theaterwis­senschaft zu theoretisc­h war. Während diverser Hospitanze­n schnuppert­e die Tochter eines Forstwirts und einer Psychother­apeutin Bühnenluft und war fasziniert von dem, „was hinter den Kulissen passiert“. Zwei Jahre als Regieassis­tentin am Wiener Burgtheate­r folgten.

Mittlerwei­le kann sie als freischaff­ende Regisseuri­n und Autorin ihre zwei Leidenscha­ften – jene für Sprache und jene für Regie – gut verbinden. Gerade war Voigt-Firon für drei Monate in New York, wo sie sich im Rahmen eines Stipendium­s für Theateraut­oren mit Kollegen aus aller Welt austausche­n durfte. Ende Mai wird dann im Wiener Theater Drachengas­se ihr Stück „Allesleut“als eines von vier Finalstück­en im Nachwuchsw­ettbewerb gezeigt.

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WERNER/WALTZWERK Valerie VoigtFiron (l.) inszeniert, Markus Achatz und Sarah Rebecca Kühl spielen
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