„Ich spiele lieber als je zuvor“
INTERVIEW. Am Freitag feiert Karlheinz Miklin in Völkermarkt das 40-Jahr-Jubiläum seines Trios. Ein Gespräch über Anfänge, den Wandel in der Jazzszene und Ausbildungsstätten.
Seit vierzig Jahren gibt es das „Miklin“-Trio. Wenn Sie auf diese Zeit zurückblicken: Was waren die Höhepunkte?
KARLHEINZ MIKLIN: Der erste große Erfolg passierte uns im Ausland. Beim Festival in Belgrad 1981, wo wir als noch völlig Unbekannte nach Art Blakey spielen mussten, hatten wir überraschend eine immense Publikumsresonanz, man wollte uns nicht mehr von der Bühne lassen, auch die Kritiken waren überschwänglich. Und dann Wiesen 1984, das größte Festival, das je in Österreich stattgefunden hat. Vor uns Lester Bowie’s Brass Fantasy, nach uns Chick Corea und Miles Davis, das Publikum reagierte ähnlich wie in Belgrad. Dieser Auftritt hat uns viele Konzerte auch außerhalb Österreichs gebracht.
Und was würden Sie aus heutiger Sicht anders machen?
Ich habe ja nie geplant, alles ist gekommen, wie es gekommen ist, oft auch für uns überraschend. Und nachdem sich die Idee der „working band“mit sehr wenigen Wechseln in der Besetzung als gut und richtig herausgestellt hat und uns auch irgendwie ausmacht, passt es schon so, wie es war und ist.
Wie hat sich die Jazzszene in den letzten Jahren verändert?
Die Anzahl guter Musiker hat sich vervielfacht, wohl hauptsächlich eine Folge der vielen Jazzausbildungsstätten, die in den letzten Jahrzehnten entstanden sind. Es gibt schon lange keinen bestimmenden Stil mehr, die Musik ist viel offener und vielfältiger geworden. Es ist nicht so, dass mir alles gefällt, aber ich finde es gut und richtig, dass der Jazz auf die Änderungen der Zeit, Einflüsse anderer Musikrichtungen reagiert.
Was würden Sie selbst gerne noch ausprobieren?
Ich spiele lieber als je zuvor, übe mehr als früher und habe auch in letzter Zeit sehr schöne Momente in verschiedensten Konstellationen gehabt. Das Ganze ist noch im Fluss, ich probiere dauernd Neues, manches geht gut auf, manches weniger.
Ist ein Jubiläumsalbum geplant? Im Gegensatz zum 20- und 30jährigen Geburtstag gibt es diesmal keine CD – der Markt hat sich derart verschlechtert, dass man sich sehr überlegen muss, noch was zu machen. Und ich habe ja gerade eine CD (auch im Trio) mit Heiri Känzig und Billy Hart sowie die große Big-Band-Produktion „Next Page“herausgebracht. Aber
überraschenderweise wird gerade unsere erste LP „Pick Up“als CD wiederveröffentlicht . . .
Was würden Sie als Dozent einem jungen Jazzer raten? Ein angehender Jazzmusiker muss sich auf jeden Fall im Klaren sein, dass man sich ökonomisch nichts erhoffen darf. Daher muss man wirklich dafür „brennen“. Die beste Schule ist nach wie vor das intensive Hören und Transkribieren, damit man die Sprache verinnerlicht – auch ohne musiktheoretische Erklärungen. Das muss bereits passiert sein, bevor man sich eine passende Schule sucht.
Und wo findet man die besten Ausbildungsstätten? New York? Amsterdam? Graz? Ich kenne über fünfzig Jazzausbildungsstätten von innen, auch in New York. Was ein Studium dort besonders attraktiv macht, ist natürlich die Stadt mit einer Jazzdichte, wie man sie sonst nirgends hat. Aber das Studium kostet einen österreichischen Durchschnittsverdienst – und die Schulen kochen auch nur mit Wasser. Amsterdam ist eine hervorragende Schule, das Umfeld in Holland ist ziemlich attraktiv, die Lebenshaltungskosten sind aber eher heftig. Und ehrlich gesagt kann Graz da durchaus mithalten. Es gibt eine ganze Reihe von international arrivierten Lehrern, große Konzertaktivität und das Ganze umsonst. Ein bisschen Lokalpatriotismus sei mir erlaubt . . .
Und was sagen Sie zum Kärntner Konservatorium? Das Konse hat seit einiger Zeit viele und verhältnismäßig junge Lehrer, die auch sehr aktiv und erfolgreich in der Jazzszene unterwegs sind, was ich sehr wichtig finde. Die ganze Abteilung scheint sich deutlich geändert zu haben, ich kann Klagenfurt jetzt also sehr empfehlen. Und hoffen, dass die finanzielle Ausstattung mit der Qualität des Unterrichts mithält . . .