Salzburg will heute in Marseille den Grundstein für den Aufstieg in das Finale der Europa League legen.
ANALYSE. Salzburgs Lauf in der Europa League beflügelt die Finanzen des Klubs – und ist Wasser auf die Mühlen der Klubphilosophie.
Es ist eine banale Fußballweisheit, die sich im internationalen Geschäft immer öfter erfüllt: Geld schießt doch Tore, die reichsten Klubs aus den größten Ligen sind die besten. Die Dominanz der Großklubs aus Spanien, England und des FC Bayern in der Champions League ist Beweis genug. Und auch in der Europa League scheint diese Rechnung aufzugehen. Atlético Madrid und der FC Arsenal vertreten die zwei erfolgreichsten Nationen der UEFA-Fünfjahreswertung, Olympique Marseille bzw. Frankreich ist als fünftbeste Nation dieser Leistungsrangliste auch nicht den monetär Schmalbrüstigen zuzuordnen. Alles klar also, wäre da nicht Salzburg. Denn so übermächtig der Konzernklub aus Salzburg, dessen Konto vom Verkauf der Energydrink-Dosen gut gefüllt ist, in der Heimat ist, so klein ist Österreich als Fußballland nach wie vor anzusehen – ein Exot eben. Aber fast wie die Gallier rund um Asterix und Obelix in den Comics die Römer regelmäßig verdreschen, hat der FC (wie er international genannt werden muss) scheinbar Übermächtige in die Schranken gewiesen. Aber sogar wenn schon Spanier (Real Sociedad), Deutsche (Borussia Dortmund) und Italiener (Lazio Rom) mit hängenden Köpfen Salzburgs Ra- sen verließen, macht das Salzburg gegen die Franzosen heute und in einer Woche keineswegs zu Favoriten. Ein Blick auf die Zahlen gefällig? Die Budgets von Arsenal (420 Millionen Euro), Atlético Madrid (280) und Marseille (180) sind ein Vielfaches von jenem der Salzburger, deren kolportierte 50 Millionen in Österreich aber schon einsamer Höchstwert sind.
U nd doch gibt es einen eklatanten Unterschied: Die Klubs in den Topnationen werfen Geld für Transfers neuerdings dank Wahnsinnsabschlüssen für TV-Rechte, des boomenden Merchandising-Geschäfts und riesiger, dauerhaft ausverkaufter Stadien mit beiden Händen auf den Markt. Und die Spieler kommen mit der Aussicht auf dicke Schecks und große Titel. In Salzburg spielt es dieses Lied nicht einmal mit den Red-BullMillionen, zu unattraktiv sind die Liga und die Aussicht auf Ausflüge nach Mattersburg, Altach und Wolfsberg. Die Folge: Ein Blick auf die Transferbilanz der vergangenen fünf Jahre offenbart etwa den FC Arsenal nahezu als „Geldverbrennungsmaschine“. Mit rund 250 Millionen Euro mehr an Ausgaben als Einnahmen in diesem Bereich stellen die Londoner selbst die verbleibenden vier Champions- League-Klubs Bayern München, Real Madrid, Liverpool und AS Roma weit in den Schatten. Dabei liegt der letzte Meistertitel der Londoner schon 14 Jahre zurück, seit 1994 warten die „Gunners“auf einen internationalen Erfolg. Etwas sparsamer als Arsenal sind da schon Atlético (ein Minus von 86 Millionen Euro) und Marseille (32 W Millionen Abgang). er sich’s leisten kann, muss eben nicht aufs Geld schauen. Womit wir bei Salzburg sind: Das Attribut „Sparmeister“wäre noch ein bis zwei Liegen zu tief, denn an und für sich hat sich der Transfersektor als wertvolle Budgetkomponente der Mozartstädter etabliert – mehr als 100 Millionen Euro spülten die Verkäufe der (Jung-)Stars in die Kassen, auch wenn diese nicht selten „konzernintern“wechseln. Weil Red Bull in Salzburg aber eben offiziell nur noch Sponsor und nicht kontrollierendes Kluborgan ist, müssen aus Ostdeutschland marktübliche Summen an den „kleinen T Bruder“überwiesen werden. ransfers sind also nicht nur nette Zubrote in Salzburg, sie sind Geschäftsmodell, ein hocherfolgreiches noch dazu. Möglich macht das die Akademie, die seit 2014 besteht und das „Umschaltspiel“– weg von satten Altstars und hin zur jugendlichen Frische – befeuerte. 40 Beschäftigte werken dafür rund um die Uhr mit und an den Fußball-Stars von morgen – oder im Falle der aktuellen Mannschaft auch von heute, wie Namen wie Stefan Lainer oder Xaver Schlager beweisen. Statt in Neuzugänge wird in die Akademie investiert – saftig.
So spielt es auch keine Rolle, wenn Jahr für Jahr die besten Spieler den Verein verlassen. Und das für gutes Geld. Schon in diesem Sommer könnten weitere Abgänge bevorstehen: Hee-chan Hwang, Duje C´ aletaCar, Diadie Samassekou, Amadou Haidara oder Valon Berisha sind nur einige Kandidaten, für die es Angebote aus internationalen D Topligen geben wird. ie Transferbilanz wird sich also auch diesen Sommer weiter in den Plusbereich schieben. Die beste Werbung wäre heute die nächste Gala im ausverkauften Stade Vélodrome von Marseille (21.05 Uhr). „Wir wollen noch einmal alles rausholen und an unsere Grenzen gehen“, verspricht Trainer Marco Rose, dessen Name selbst schon in einigen Notizbüchern großer Klubs dick unterstrichen sein dürfte. Salzburgs Philosophie scheint also nicht mehr nur ein Bilanzgewinn zu sein – die Mannschaft ist dabei, mit erfrischendem Fußball sogar die Herzen mancher Red-Bull-Zweifler im Sturm zu erobern.