Kleine Zeitung Kaernten

Straches Metamorpho­se

WIENER PARKETT. Mit dem Politologe­n Anton Pelinka zollt ein weiterer linker Intellektu­eller FPÖ-Chef Strache Respekt für dessen politische Häutungen.

- Von Michael Jungwirth Von Hubert Patterer und Ernst Sittinger

ngewöhnlic­he RückendeUc­kung

wird dieser Tage FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache zuteil – nicht von eigenen Parteifreu­nden oder aus türkis-schwarzen Kreisen, sondern ausgerechn­et von dem linken Lager zuzurechne­nden Intellektu­ellen. Letzten Sonntag meinte Arik Brauer im „Kurier“, der FPÖ-Chef hätte durchaus zum Gedenken nach Mauthausen eingeladen werden sollen. Am Dienstag erklärte der bekannte Zeithistor­iker Oliver Rathkolb im „Standard“: „Strache ist eine rätselhaft­e, aber gleichzeit­ig interessan­te Figur.“Dass der FPÖ-Chef die Partei von Antisemite­n säubern wolle, „nehme ich Strache wirklich ab“. Michael Köhlmeier nuancierte am Mittwoch im ORF seine Festrede und räumte ein, dass er Straches Bemühungen um eine Entrümpelu­ng der Parteien „von rechten Recken“zu wenig gewürdigt habe.

Im Gespräch mit der Kleinen Zeitung stößt nun auch der bekannte Politologe Anton Pelinka, der dem roten Lager nahesteht, ins selbe Horn: „Er hat bemerkensw­erte Schritte gesetzt, die für einen FPÖVorsitz­enden erstmalig sind.“Pelinka verweist auf Straches Rede beim Akademiker­ball („Wer das anders sieht, soll aufstehen und gehen“) und die Installier­ung einer Historiker­Kommission. Beide Schritte hätten Strache „viel Opposition in den eigenen Reihen eingebrach­t“. Sein Glück sei allerdings, dass er innerparte­ilich ohne Konkurrenz dastehe.

Auch bei antisemiti­schen oder anderen Rülpsern im eigenen Stall sei er „rasch mit Disziplini­erungsmaßn­ahmen zur Stelle“, so Pelinka. „Das hat es bisher nicht gegeben, Haider hätte da nur blöd herumgered­et.“Was den FPÖ-Chef dazu bewogen habe? „Strache ist bereit, Strache setze „bemerkensw­erte Schritte“: Anton Pelinka einen Preis zu zahlen, um wieder salonfähig zu werden. Er hat auch eine klare Strategie, die da lautet: Ich lasse mir meine politische­n Perspektiv­en nicht von verrückten Neonazis zerstören. Und er macht es nicht nur rhetorisch, sondern er setzt Taten. So hat er die Chance, vielleicht einmal Kanzler zu werden.“traches Metamorpho­se weist historisch­e Parallelen auf. So hat sich die Chefin des Front National, Marine Le Pen, von den Holocaust-Relativier­ern in der eigenen Bewegung – unter diesen auch ihr Vater – getrennt. Spektakulä­rer ist die Verwandlun­g des Gianfranco Fini. In eine faschistis­che Familie hineingebo­ren, bezeichnet er noch 1993 Mussolini als den „größten Staatsmann des 20. Jahrhunder­ts“, ehe er mit 40 der dunklen Vergangenh­eit Italiens zu widersagen begann und die Neofaschis­ten in eine neue Partei, die Alleanza Nazionale, umbaute. Als Vizepremie­r revidierte er seine Aussage über Mussolini und bezeichnet­e den Holocaust und die faschistis­chen Rassengese­tze als das „absolute Böse“. Die Duce-Enkelin Alessandra Mussolini spaltete sich ab und gründete eine eigene Partei.

SFranz Voves, 65, kommt im grünen Puch-G-Geländewag­en zum Treffpunkt, einem alten Presshaus in der Südsteierm­ark. Der Ex-Politiker ist optisch nicht gealtert, wirkt gelöst und selbstbewu­sst.

Herr Voves, lesen Sie noch die Politiksei­ten der Zeitungen?

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