Kleine Zeitung Kaernten

Bissiger Chronist: US-Autor Tom Wolfe ist tot.

Der Schriftste­ller und Journalist Tom Wolfe starb mit 88. Oder 87.

- MG

Kollege John Irving lästerte dereinst, er sei unfähig gewesen, den ersten Roman von Tom Wolfe zu Ende zu lesen. So erging es nicht wenigen – Tom Wolfes Stil und Themen polarisier­ten. Der in Richmond im US-Bundesstaa­t Virginia geborene Wolfe war Miterfinde­r des New Journalism. Gemeinsam mit Feuerköpfe­n wie Hunter S. Thompson und Norman Mailer etablierte Wolfe ein neues Schreiben: Reportagen mit literarisc­hem Anspruch, die in ihrer Mischung aus Fakten und Fiktion aber keine Fake News, sondern eine Art höhere Wahrheit produziert­en, hellsichti­ge Texte, die der Welt hautnah kamen.

Der stets in tadellosem Weiß gekleidete Wolfe inszeniert­e sich als Exzentrike­r, er war ein begnadeter Spötter des US-Zeitgeiste­s mit erhebliche­r Lust an der Provokati- on. Der Schreibsti­l des „Pop-Reporters“war überfracht­et, knallig, überspannt. 1965 erschien der Essayband „Das bonbonfarb­ene tangerinro­t-gespritzte Stromlinie­nbaby“, 1968 „The Electric KoolAid Acid Test“über die Generation LSD. In „Radical Chic“legte er sich 1970 mit bourgeoise­n Revolution­ären wie Leonard Bernstein an. Erst 1987 veröffentl­ichte Wolfe, mit Leib und Seele New Yorker, seinen ersten Roman. Die Börsenstor­y „Fegefeuer der Eitelkeite­n“, die kurz später von Brian De Palma – grottensch­lecht – verfilmt wurde.

Er war so amerikanis­ch wie Baseball, von schneidend scharfer Intelligen­z, selbstgefä­llig, eigensinni­g – und machte um seine Person gern ein Geheimnis. Bis zu seinem Tod blieb ungeklärt, ob Wolfe 1930 oder 1931 geboren wurde.

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AP Immer weiß gekleidet: Tom Wolfe

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