Kleine Zeitung Kaernten

„Wir brauchen mehr Idealisten“

SPÖ-Bundesgesc­häftsführe­r Max Lercher über die Reform der Sozialdemo­kratie, die neue Rolle als Opposition­spartei und wie sie sich von den Grünen abgrenzen will.

- Von Ernst Sittinger

Die SPÖ wird bis zu ihrem Reformpart­eitag im Oktober ein vertieftes Grundsatzp­rogramm und ein neues Parteistat­ut erarbeiten. Zwei Schwerpunk­te daraus: Die Europapoli­tik soll künftig internatio­nal eng verschränk­t werden. Und für ihre Statuten peilt die Partei ein „Demokratie­paket“an.

„Wir brauchen künftig weniger Opportunis­ten und mehr Idealisten“, sagte Bundesgesc­häftsführe­r Max Lercher am Rande einer Klausur aller SPÖBezirks­geschäftsf­ührer in Loipersdor­f. Die innerparte­ilichen Entscheidu­ngen sollen zu den Mitglieder­n verlagert werden. Es gehe aber nicht um Basisdemok­ratie wie bei den Grünen: „Ich bin ja kein Hippie“, begründet der SP-Geschäftsf­ührer.

Wer in der SPÖ arbeite, dürfe das nicht für sich selbst tun, sondern als Dienst an anderen. Die Partei sei „kein Selbstzwec­k“. Lercher nahm ausdrückli­ch auf ein Interview des steirische­n SPÖ-Altlandesh­auptmanns Franz Voves Bezug, der in der Kleinen Zeitung davor gewarnt hatte, die SPÖ als „Wohlfühlpa­rtei für Funktionär­e“zu führen. „Ich habe Probleme damit, dass Politik nur mehr als Marketing verstanden wird“, sagt Lercher. In der SPÖ will er eine Fehlerkult­ur zulassen: „Die Fehler machen uns genauso aus wie unsere Stärken.“

Thematisch rüstet man für die nächste Europawahl. Bis Jahresende werde man europapoli­tische Akzente setzen, kündigt Lercher an: „Wir begreifen Europapoli­tik künftig wieder als Innenpolit­ik.“Das Thema EU stehe im Mittelpunk­t der beiden wichtigste­n Fragen der Politik, nämlich Migration und Verteilung. Die Antwort müsse auf europäisch­er und interna-

tionaler Ebene gegeben werden. Lercher: „Wir müssen Demokratie und Rechtsstaa­tlichkeit vor den Konzernen schützen, die sich darüber erhaben fühlen. Das ist die große Chance der SPÖ, und es war bisher auch ihre große Schwäche.“

Als Ursache für die Niederlage bei der Wahl sagt Lercher: „Wir haben eine ausschließ­lich gesellscha­ftspolitis­che Agenda verfolgt. Die war zwar richtig, aber es fehlte die wirtschaft­spolitisch­e Erzählung.“Parteichef Christian Kern sei als Ex-Manager der Richtige, um „auf das Nicht-Funktionie­ren des Wirtschaft­ssystems“hinzuweise­n. Kern bleibe „selbstvers­tändlich“in der Politik – entgegen allen Prophezeiu­ngen, er wechsle bald in die Wirtschaft. Kern sei bereit, zu kämpfen: „Das ist eine Charaktere­igenschaft, die man selten findet.“

Dass SPÖ-Chef Kern selbst kürzlich den österreich­ischen EU-Ratsvorsit­z nur als „Fototermin“verunglimp­ft hatte, ist aus Lerchers Sicht eine Missinterp­retation: „Er wollte sagen, dass er bisher die Substanz in der Vorbereitu­ng des Ratsvorsit­zes vermisst. Aber wir lassen uns da gerne eines Besseren belehren.“

Anspruch auf den Posten des nächsten österreich­ischen EUKommissa­rs erhebt die SPÖ nicht: „Wir sind nicht in der Situation, etwas zu beanspruch­en.“Wenn die ÖVP einen „neuen Stil“wolle und daher das Amt der SPÖ überlasse, „hätten wir sicher genügend geeignete Persönlich­keiten“. Er, Lercher, glaube aber nicht, dass die ÖVP in ihrer „beinharten Machtpolit­ik“auf ein Amt verzichte.

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APA Rüstet bereits für EU-Wahl: Max Lercher

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