Steger und der (nicht) böse Wolf
Die Kür von FPÖ-Mann Norbert Steger zum neuen Vorsitzenden des ORF-Stiftungsrats sorgte für einigen Wind, deckt aber nicht wichtigere Fragen für das Publikum zu: Welche Reformen kann Alexander Wrabetz stemmen?
Mit 25 von 35 Stimmen (bei einer Enthaltung) wurde der freiheitliche Stiftungsrat Norbert Steger deutlich zum neuen Vorsitzenden des ORF-Stiftungsrats bestellt. Und obwohl er dem Gremium auf dem Wiener Küniglberg versichert hatte, es ORF-Journalisten künftig nicht mehr öffentlich auszurichten, wenn er mit ihrer Arbeit nicht zufrieden ist, und als „Konsensvorsitzender“ein „Brückenbauer“sein will, saß ihm bald danach im Gespräch mit Medienvertretern schon wieder die Zunge locker:
Es sollten alle dankbar sein, die auf diesem „großen Tanker“arbeiten dürfen. „Drohkulissen“gegen die ORF-Nachrichtenredaktion von FPÖ-Seite widersprach er nicht direkt, vielmehr hätten sie „schon positive Auswirkungen gehabt“. Eine der „Verbesserungen“konkretisierte Steger so: „Seinerzeit habe ich einmal gesagt, dass der Herr Wolf so böse schaut, nur weil Blau hereinkommt. Er schaut überhaupt nicht mehr böse, egal wer ihm gegenübersitzt. Er schaut ganz neutral. Und er kann ja scharfe Fragen stellen, das steht jedem Journalisten zu, aber man sollte immer – so wie bei den Printmedien – Bericht und Meinung trennen!“
Die im Vorfeld kritischen Bundesländervertreter konnte der 74-Jährige jedenfalls mehrheitlich überzeugen, sieben von ihnen stimmten für ihn – darunter überraschend auch der Vertre-
Es wurde viel Weihrauch
im Raum verteilt. Und Steger kam auf Samtpfoten. Ob man diesen Dingen auch
trauen kann?
Stiftungsrat Lederer (SPÖ)
ter des rot-blau regierten Burgenlands. „Hätte ich rein politisch entscheiden müssen, wäre meine Stimme natürlich für Steger ausgefallen. Als Bundesländervertreter von Kärnten war es aber notwendig, Nein zu stimmen und ein Zeichen zu setzen: So kann es nicht laufen! Es geht mir um die Interessen der Landesstudios und der Regionalität. Und die Bekenntnisse von Steger dazu waren mir zu oberflächlich“, sagte Siggi Neuschitzer zur Kleinen Zeitung.
Sein steirischer Kollege Klaus Poier hat einen anderen Standpunkt: „Ich bin für die Vorsitzführung durch Norbert Steger, weil ich dadurch die Verantwortung der FPÖ als Regierungspartei noch deutlicher manifestiert sehe für eine zukunftsorientierte ORF-Reform.“Die klare Wahl von Steger sei nun „eine gute Basis für eine sachorientierte Arbeit“.
Sonst war die erste Sitzung des Stiftungsrats mit mehr als einem Drittel neuer Köpfe ein
Debattierklub ohne Anträge und Beschlüsse – etwa über die Digitalisierung und die sinkenden Marktanteile.
Leerlauf: Weiterhin wie ein Strudelteig zieht sich der Start der neuen ORF-Organisation. Generaldirektor Alexander Wrabetz stellte dem Aufsichtsgremium nicht wie erwartet seine Besetzung der neuen Posten vor (Channel Manager von ORF eins und ORF 2 mit eigenen Chefredakteuren etc.). Diese
Entscheidungen will er kommenden Woche bekannt geben.
Fazit: Die Aufregung um Steger betrifft das ORF-Publikum kaum – wer kannte etwa seinen Vorgänger Dietmar Hoscher? Im Grunde ist seine Position als Vorsitzender ohne große Macht. Wie ein Stiftungsrat unter der Hand verriet: Wichtig sei, welche Reformen Wrabetz noch zustande bringt. Vor allem in ORF eins (Marktanteil unter zehn Prozent). Und wann das neue ORF-Gesetz kommt!