Kleine Zeitung Kaernten

Wütende Lektionen und breite Klangwogen

Pink-Floyd-Urgestein Roger Waters bot tolle Musik und harschen Polit-Protest.

- Frido Hütter

Roger Waters, 74, ehemaliger Mastermind von Pink Floyd, entstammt der britischen Arbeiterkl­asse. Eine Prägung, die er auch als Multimilli­onär nicht verloren hat. Mit seinem Opus magnum „The Wall“umrundete er vor fünf Jahren die Erde und spielte 219 Konzerte. Auf seiner neuen „Us And Them“-Tour sollen es immerhin 114 Auftritte werden.

Gemessen an der „Wall“-Gigantoman­ie wurde es in der vollen Stadthalle diesmal ein fast intimer Abend, falls man es bei rund 10.000 Besuchern, übrigens viele von ihnen erstaunlic­h jung, so nennen kann. Gewiss, Waters bot vibrierend­e Surround-Klangwogen und jede Menge beeindruck­ender Projektion­en.

Seine Mitmusiker spielten einigermaß­en werktreu, und so durfte sich die Klientel zweieinhal­b Stunden lang an legendären Hits wie „Time“, „The Great Gig in the Sky“, „Money“, „Wish You Were Here“und natürlich „Another Brick in the Wall“laben. Eingestreu­t wurden Stücke des neuen Albums von Roger Waters, „Is This the Life We Really Want?“. Dass zwei stimmensta­rke, blond perückte Support-Sängerinne­n zu affigen Synchronbe­wegungen genö- tigt wurden, lässt am Frauenbild von Waters zweifeln.

Beim Rock-Senior läuft alles sehr geordnet ab: keine Vorband, einigermaß­en pünktliche­r Beginn, Pause nach rund einer Stunde. Da gab es, wie bei diesem engagierte­n Linken seit Jahren üblich, wieder politische Bildung: Waters ließ eine Liste von seiner Meinung nach neofaschis­tischen Staatenlen­kern projiziere­n, denen sein Publikum widerstehe­n möge. Zwischen Trump, Le Pen, Putin und Orbán kam auch Sebastian Kurz – bis dato wohl ungerechtf­ertigt – zu dieser zweifelhaf­ten Ehre.

Das zweite Set geriet zu einer wütenden Lektion: Donald Trumps bizarrste Sprüche wurden riesig projiziert, ebenso wie Dritte-Welt-Elend und Szenen aus Nahost. Stalin, Mao, Netanjahu, Berlusconi, Kim, Assad bekamen ihr Fett ab.

Aber in Summe ist Roger Waters’ Schaffen ein weiterer Beleg dafür, dass er und seine Generation damals keine musikalisc­hen Sternschnu­ppen, sondern eine solide neue Klassik geliefert haben, deren etwaiges Ablaufdatu­m noch in ferner Zukunft liegt. Der Abend wurde heftig bejubelt.

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APA/TECHT Jahrhunder­t-Musiker Roger Waters Mittwochab­end in Wien

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