Kleine Zeitung Kaernten

„Ich stürzte mich einfach hinein“

Sie war Peter Simonische­ks Tochter Ines in „Toni Erdmann“, aktuell ist Sandra Hüller im Kino in „In den Gängen“präsent und zu den Salzburger Festspiele­n kommt sie als „Penthesile­a“.

- Von Ludwig Heinrich

Sandra Hüller lebt in Leipzig, die Supermarkt­romanze „In den Gängen“entstand praktisch bei ihr „um die Ecke“. Doch dies sei bestimmt nicht der Grund, dass sie die Rolle dieser Marion spielen wollte, sondern: „Der Regisseur gab mir das Drehbuch, und nachdem ich es gelesen hatte, war ich sehr glücklich. Reiner Zufall, dass der Drehort dann so nahe lag. An diesem Schauplatz entwickelt sich zwischen den Angestellt­en eine Art Zusammenge­hörigkeits­gefühl. Nur dort kann Marion ihr Leben verschöner­n. Sie genießt Freiräume, flirtet gerne und provoziert ihre Kollegen manchmal. Zu Hause, in ihrer Ehe, hat sie das nicht. Der Zuschauer erfährt andeutungs­weise, dass sie von ihrem Mann geschlagen wird.“

Für Sandra Hüller gab es noch einen starken Anreiz, das Angebot des Regisseurs möglichst schnell anzunehmen: „Marion fährt in den Gängen des Großmarkte­s auch einen Gabelstapl­er. Dieses Erlebnis musste ich unbedingt haben. Bei aller Angst, denn Gabelstapl­er sind mächtige – und gefährlich­e – Dinger. Ich stürzte mich einfach hinein. Erst drei Tage Theorie, und dann üben, üben, üben. Am Ende beherrscht­e ich es so perfekt, dass ich es noch heute könnte. Und weil wir in diversen Szenen so viele Dinge einordnen müssen, ist mir das geblieben. Gehe ich heute in einen Supermarkt und irgendwelc­he Sachen stehen herum, ich stelle sie dann sofort in die Regale ...“

Über ihren Weg, an Rollen heranzugeh­en, erzählt sie: „Nein, ich versuche nicht, mich total hineinzule­ben. So was macht man vielleicht an Schauspiel­schulen. Eine Schauspiel­lehrerin, eine kleine Frau mit grauen Haaren, hat mir einmal den Tipp gegeben: ‚Such’ einfach die Mitte!‘ Ich taste mich heran, aber dann spiele ich drauflos. Auch die Ines in ‚Toni Erdmann‘ habe ich gespielt. Die hatte ganz bestimmt nichts mit mir zu tun. So abschätzig, wie sie auf die ernsthafte­n Fragen ihres Vaters reagiert, könnte ich nie mit anderen Menschen umgehen. Doch wenn mir die Zuschauer abkaufen, dass ich das bin, das ist natürlich ein tolles Gefühl.

Natürlich ist vielen die Nacktparty in „Toni Erdmann“besonders im Gedächtnis geblieben. Lange Szenen, ganz ohne Bekleidung. „Aber irgendwann“, sagt Sandra Hüller, „vergisst man, bei aller Urkörpersc­ham, dass man splitterna­ckt ist. Und dramaturgi­sch hatten diese Szenen ja ihren speziellen Sinn. Ines übt mit dieser Party Macht aus, räumt gezielt mit Leuten auf, die in ihrem Leben nichts mehr verloren haben. Erstmals

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