Kaum ein Tag ohne Unwetter: Warum uns Blitz und Donner im Griff halten und Besserung weiter nicht in Sicht ist.
Kaum ein Tag ohne Blitze und Starkregen: Seit Jahren war kein Frühling so gewitterreich wie heuer. Besserung ist nicht in Sicht.
Und täglich grüßt der Wolkenbruch. Während die nördlichen Teile Österreichs zunehmend unter Trockenheit stöhnen, gehen in den südlichen Gebieten fast im Tagestakt schwere Unwetter nieder, die Überschwemmungen, Vermurungen und Hagelschäden mit sich bringen. So wiederholt sich für die Kärntner und Steirer seit Wochen immer wieder dasselbe Schauspiel: Der Tag beginnt meist sonnig, gegen Mittag bauen sich über den Bergen die ersten Wolkentürme auf, die sich später in den Nachmittagsstunden krachend entladen. Die Feuerwehren fahren von einem Pumpeinsatz zum nächsten.
Es ist so etwas wie eine stabil instabile Großwetterlage, die sich seit den ersten gröberen Unwettern des Jahres im April nicht mehr verändert hat. Verantwortlich dafür ist ein Cocktail an meteorologischen Einflüssen, die heuer in einem besonderen Zusammenspiel agieren. So schaufeln seit Wochen Oberitalien-Tiefs gegen den Uhrzeigersinn feuchte Luft in unsere Breiten. „Durch die direkte Sonneneinstrahlung und die verhältnismäßig hohen Temperaturen bei uns steigt die Luft an den Berghängen auf und kondensiert. Es entstehen die charakteristischen Gewittertürme“, sagt Albert Sudy, Me-
teorologe bei der Zentralanstalt (Zamg). Bis es schließlich kracht und die Feuchtigkeit in Form von Regen niedergeht.
Das Fatale dabei: Durch die vielen Niederschläge der vergangenen Tage haben sich die Böden längst vollgesogen. Werden sie am nächsten Tag wieder direkt von der Sonne getroffen, setzt ein umso stärkerer Verdampfungsprozess ein und das Schauspiel beginnt von vorne. „Das verhält sich derzeit wie mit einer Suppe, die über Nacht abkühlt und jeden Tag neu aufgekocht wird“, beschreibt es
Sudy. „Vormittags kann man manchmal regelrecht zuschauen, wie der Bodennebel an den Hängen nach oben zieht. Wenig später sind schon die Gewitterwolken da.“
Weil im Alpenraum zudem seit Wochen eine sehr flache Druckverteilung vorherrscht, weht wenig Wind. Die Gewitter verziehen sich dadurch nicht aus dem südösterreichischen Raum. Um den Kreislauf zu durchbrechen, müsste sich eine stärkere Tiefdruck-Störung einstellen, die allerdings nicht in Sicht ist. In den kommenden Tagen, inklusive des Wochenendes, ist weiterhin mit schwülem, gewitterträchtigem Wetter zu rechnen. Zum Start der nächsten Woche könnte sich die Lage zwar leicht stabilisieren. Doch ein großflächiger Wetterumschwung steht auch da nicht bevor.
Wie gewitterintensiv das Frühjahr ausgefallen ist, lässt sich auch an der Statistik des Blitzortungsdienstes Aldis ablesen. So wurden seit Jahresbeginn in Österreich etwas mehr als 44.000 Blitzentladungen registriert – mehr als doppelt so viele wie in den Vergleichszeiträumen der Jahre davor. Die Steiermark hält bei drei Mal so vielen Blitzen wie üblich, Kärnten bringt es sogar fast auf die vierfache Menge. Den absoluten Rekordwert verteidigt allerdings das Ausnahmejahr 2009 mit bundesweit fast 73.000 Blitzen bis Anfang Juni.
Mit dem Wetter verhält es sich derzeit wie mit einer Suppe, die über Nacht abkühlt und jeden Tag neu aufgekocht wird.
Albert Sudy, Meteorologe, Zamg