Fußfesseln für sogenannte Gefährder?
Fast nach jedem terroristischen Anschlag ist zu hören, dass der Täter bereits der Polizei bekannt gewesen oder unter polizeilicher Beobachtung gestanden sei. Die Bevölkerung fragt sich dann, warum Polizei und Justiz nicht früher eingeschritten sind. Diese wiederum entgegnen, keine gesetzliche Handhabe hiefür zu haben.
Die Politik greift dies auf, insbesondere um zu zeigen, wie sehr ihr das Sicherheitsbedürfnis am Herzen liegt. Hierbei bleibt dann allerdings oft die Effektivität neuer gesetzlicher Vorhaben zur Früherkennung eines noch nicht „tätig“gewordenen Terroristen weit hinter den gewünschten Zielen zurück. Außerdem wird an Grundrechten manchmal massiv gerüttelt, insbesondere an jenem auf Freiheit. In Deutschland gibt es nun ein Gesetz, wonach mit gerichtlicher Bewilligung Personen „elektronische Fußfesseln“zur Überwachung angelegt werden können, wenn individuelle Verhaltensweisen eine konkrete Wahrscheinlichkeit begründen, dass diese Personen innerhalb eines „übersehbaren“Zeitraumes eine terroristische Straftat begehen werden.
Es ist sehr zu bezweifeln, ob dieses Gesetz praktische Bedeutung gewinnen wird. Wenn aufgrund der vorhandenen Tatsachen ohnehin bereits der Verdacht einer strafbaren Handlung besteht, so kann gegen diese Personen wie bisher nach den prozessualen Vorschriften vorgegangen werden. Andernfalls wird so wenig Substrat vorhanden sein, dass eine doch so schwere Freiheitsentziehung wie Fußfesseln unterbleiben muss. Die Rückkehrer aus den Gebieten des IS können ohnehin strafrechtlich verfolgt werden, wenn der konkrete Verdacht vorliegt, sie hätten den IS unterstützt. Dann sind sie Täter und keine Gefährder. Allen aus IS-Gebieten Kommenden Fußfesseln anzulegen, wird in einer Demokratie wohl nicht möglich sein. Sonst wird schon die innere „Gesinnung bestraft“.
Ö sterreich hat im Sicherheitspaket von Fußfesseln für Gefährder abgesehen. Aber auch die neuen Bestimmungen werden einer Evaluierung zu unterziehen sein, ob sie wirklich einen Beitrag zu mehr Sicherheit leisten. Eine absolute Sicherheit wird es ohnehin nicht geben.
Heimo Lambauer war Leiter der Staatsanwaltschaft Graz und lehrt an der Universität Graz
„Allen aus den ISGebieten Kommenden Fußfesseln anzulegen, wird in einer Demokratie wohl nicht möglich sein.“