Wir haben gewählt
Die traditionelle Wahl der besten Weine auf dem Pogusch: Bundespräsident Alexander Van der Bellen und die steirischen Winzer erheben ihre Gläser auf eine gelungene Weinkost.
Der höchste Amtsträger hatte den kürzesten Anfahrtsweg: Bundespräsident Alexander Van der Bellen weilt seit Donnerstag im präsidentschaftlichen Sommersitz in Mürzsteg und musste quasi nur zwei Täler weiter fahren, um auf den Pogusch zu gelangen. Umso mehr Zeit nahm er sich – begleitet von seiner Frau Doris Schmidauer – für den Weingipfel der Kleinen Zeitung und für Gespräche mit den Jungwinzern. Die Winzer wurden indes noch vor dem Staatsoberhaupt begrüßt – „protokollarisch ist der Pogusch der einzige Ort mit dieser Reihenfolge“, hielt Chefredakteur Hubert Patterer launig fest.
Die 26. Weinkost verband wieder die höchste Weinbaukultur mit der hohen Politik – eine schöne Tradition, der sich auch Bundeskanzler Sebastian Kurz nicht entziehen wollte. Der Regierungschef musste sich allerdings erst von einem priva- ten Mittagstermin loseisen und traf am Nachmittag als einer der späteren Gäste ein.
Waren im Vorjahr noch regierungsinterne Spannungen der im Zerfall befindlichen rotschwarzen Koalition spürbar gewesen, so versprühten die anwesenden Minister diesmal Tatkraft und Harmonie. Allerdings mit einem Schönheitsfeh- ler: Die FPÖ-Minister waren zwar eingeladen, mussten aber durchwegs infolge anderer Terminverpflichtungen absagen.
Umso stärker war die türkise Regierungsriege vertreten. Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck verteidigte das umstrittene Regierungsvorhaben der Arbeitszeitflexibilisierung – und bekam kräftige Schützenhilfe von den anwesenden Wirtschaftsvertretern. „Der Widerstand kommt von Arbeiterkammer und Gewerkschaft, weil das ihre Existenzgrundlage ist“, stichelte etwa Wirtschaftskammer-Vizepräsident Jürgen Roth. Kammerpräsident Harald Mahrer hält die Kritik für überzogen: „Von der Tonalität her waren die letzten Tage außer Rand und Band.“
Den Blick bereits fest auf die kommende EU-Ratspräsidentschaft gerichtet haben die Minister Josef Moser, Heinz Faßmann und Juliane BognerStrauß. Letztere ist sogar doppelt im Europa-Stress: Sie vertritt Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger während deren bevorstehender Mütterkarenz. Zwar hat die Vertretung formell noch nicht begonnen, aber Köstinger darf als werdende Mutter keine Flugreisen mehr machen, weshalb sie ihre Auslandstermine bereits an die Steirerin abgetreten hat. So
fliegt Bogner-Strauß übermorgen zum EU-Rat für Landwirtschaft und Fischerei, wo sie über Fischereikontrolle und Fangbeschränkungen beraten wird.
Auch Justizminister Josef Moser ist gedanklich schon beim EU-Ratsvorsitz. Nebenbei will er im zweiten Halbjahr eine Reform des Maßnahmenvollzugs auf den Weg bringen: „Leider gibt es auch in diesem Bereich ein Wachstum, also müssen wir etwas tun.“Die Klage der Opposition, dass die Regierung wichtige Gesetze nicht begutachten lasse, lässt Moser für seinen Bereich nicht gelten: „Ich hatte im Frühjahr neun Gesetze gleichzeitig in der Begutachtung.“
Zu den sichtlich begeisterten Pogusch-Neulingen zählt der Wiener SPÖ-Bürgermeister Michael Ludwig. „Die Neuaufstellung in Wien ist zwar erledigt, aber die Arbeit wird nicht weniger“, berichtet er aus der Hauptstadt. Noch am Vormittag hatte in der Seestadt Aspern ein Professorenwohnhaus eröffnet: „Da bin ich mit der U-Bahn zum Termin gefahren, denn das geht in Wien einfach schneller als mit dem Dienstauto.“Außerdem werde er als Fahrgast immer direkt von den Menschen angesprochen: „Das ist der ganz direkte Bürgerkontakt. Es ist einfach etwas ganz Besonderes, Bürgermeister von Wien zu sein.“Gemeinsam mit dem Grazer Bürgermeister Siegfried
Nagl (ÖVP) und dem Innsbrucker Ortschef Georg Willi (Grüne) tauschte Ludwig dann ausgiebig kommunalpolitische Erfahrungen aus. Nagl berichtete auch von den Aufräumarbeiten nach den gewaltigen Unwettern in Graz: „Im Stadtpark haben wir einige Bäume weggeräumt, da machst du ganz neue Erfahrungen.“
Aus Wien war auch SPÖStadträtin Ulli Sima angereist: „Das letzte Jahr war ziemlich turbulent, das war nicht immer angenehm. Ich bin froh, wenn es jetzt in der Wiener Politik wieder etwas ruhiger wird“, äußerte sie einen Wunsch. Das konnte einer aus dem Süden besonders gut verstehen: Kärntens Landeshauptmann Peter
Kaiser – er ist Stammgast bei der Pogusch-Weinkost – weiß ebenfalls, wie man politische Turbulenzen übersteht. Der SPÖ-Landeshauptmann ruht sich freilich nicht auf seinem Wahlsieg aus: „Ich schreibe derzeit mit
Hans Peter Doskozil für die SPÖ ein Integrations- und Asylkonzept. Am Wochenende haben wir die erste Sitzung“, erzählt er.
Die steirische Landesregierung war mit Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer,
Vize Michael Schickhofer sowie den Landesräten Barbara Eibinger-Miedl, Christopher Drexler und Hans Seitinger vertreten. „Das Pogusch-Weinfest kennt man sogar im Burgenland“, scherzte Seitinger, der von eier ner zweitägigen Agrarkonferenz im östlichsten Bundesland kam. Wirtschaftslandesrätin Eibinger-Miedl vermied diesmal übrigens einen „Anfängerfehler“aus dem Vorjahr, wie sie schildert: „Damals hatte ich noch einen anderen Abendtermin zugesagt. Aber diesmal bleibe ich hier.“Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) traf beim Weingipfel nicht nur die Zweite Präsidentin Doris Bures (SPÖ), sondern auch weitere Mitglieder des Hohen Hauses – etwa
Matthias Strolz und Beate MeinlReisinger von den Neos. Einen langen Plausch hielt Sobotka mit dem seit wenigen Wochen amtierenden US-Botschafter
Trevor Traina, der über Österreich schwärmt: „Die Menschen hier sind smart, sie arbeiten hart, die Wirtschaft läuft gut.“Sobotkas Tipp: „Donald
Trump wird in den USA ganz anders gesehen als bei uns. Er wird wiedergewählt werden.“