Die Pläne der Regierung benachteiligen Familien und erschweren die Kinderbetreuung. Beteuerungen hinsichtlich der Freiwilligkeit sind völlig realitätsfern.
Die Bundesregierung hat ihre Pläne für eine flexiblere Arbeitszeitgestaltung vorgelegt: Die Arbeitszeit soll auf 12 Stunden pro Tag und 60 Stunden pro Woche ausgeweitet werden. Für uns GewerkschafterInnen ist das ein Angriff auf die Rechte der ArbeitnehmerInnen. Die Beteuerung der Regierung, die Arbeit in der elften und zwölften Stunde kann aufgrund privater Betreuungspflichten abgelehnt werden, ist völlig realitätsfern. Kommt man mehrfach dem Wunsch des Arbeitgebers nicht nach, muss man natürlich mit Nachteilen rechnen, das kann bis zur Entlassung führen. Bereits der 8-Stunden-Tag erweist sich als schwer vereinbar mit dem aktuellen Angebot an Kinderbetreuung. Jede zweite Frau in Österreich arbeitet in Teilzeit – vielfach auch aufgrund fehlender Kinderbetreuung. Beim 12-Stunden-Tag sieht es noch bedrückender aus: Einzig im städtischen Bereich gibt es überhaupt einige Kinderbildungseinrichtungen, die mehr als zwölf Stunden geöffnet haben. Sonst bieten lediglich zwei Prozent der Krippen und Kindergärten so lange Betreuungszeiten an. Dabei muss auch immer die Wegzeit vom und zum Arbeitsplatz mitgedacht werden. Ein 12-Stunden-Tag würde die Situation von Frauen weiter verschärfen und der Umstieg von Teilzeit auf Vollzeit wird noch schwieriger. Alleinerzieherinnen sind besonders armutsgefährdet. Ein Entkommen aus der Armutsspirale ist für sie durch die neue Arbeitszeitregelung fast nicht mehr möglich. 80 Prozent der Pflegebedürftigen in Österreich werden zu Hause gepflegt: Wie lässt sich zukünftig die Betreuung mit einem 12-Stunden-Arbeitstag vereinbaren?
Überlange Arbeitszeiten dürfen nicht zur Gesundheitsgefährdung der Menschen führen. Man braucht ausreichend Erholungsphasen, um wieder leistungsfähig zu werden. Für den Menschen und seine Gesundheit ist ein positives Privatleben enorm wichtig. Der 12-StundenTag benachteiligt jedoch Familien und macht ein soziales Leben deutlich schwieriger. Wir brauchen Zeit für unsere Kinder. Auch ein Treffen mit Freunden oder die Mitarbeit bei der Freiwilligen Feuerwehr müssen möglich sein. Statt einer Ausweitung der Arbeitszeit brauchen ArbeitnehmerInnen mit Betreuungspflichten eine Arbeitszeitverkürzung. Außerdem muss die Betreuungsstruktur in allen Regionen rasch verbessert werden, damit alle Eltern die gleichen Voraussetzungen vorfinden, um ihrer Arbeit nachgehen zu können, ohne sich ständig Gedanken darüber machen zu müssen, wer die Betreuung der Kinder oder Angehörigen übernimmt.