Kleine Zeitung Kaernten

Blaue Gratwander­ung

Mit dem 12-Stunden-Tag geht die FPÖ ein Wagnis ein.

- Michael Jungwirth

Ein halbes Jahr ist die Regierung im Amt, und wenig verwunderl­ich rühmt man sich unter Verweis auf Umfragen des eigenen Erfolgs. Ein Aspekt sticht doch hervor: dass sich die FPÖ unter HeinzChris­tian Strache, die am 15. Oktober 25,9 Prozent erzielte, so gut hält. Laut GfK und dem Peter-Hajek-Institut liegen die Freiheitli­chen in Umfragen zwischen 24 und 25 Prozent. Zum Vergleich: Im Jahr 2000 verloren sie unter Jörg Haider und Susanne Riess-Passer in den ersten sechs Monaten zehn Prozentpun­kte.

„Das ist doch sehr überrasche­nd“, erklärt ein Meinungsfo­rscher, „haben doch die Freiheitli­chen bei den Nationalra­tswahlen sehr stark Proteststi­mmen abgesaugt.“Natürlich habe das blaue Dreigestir­n Strache, Norbert Hofer und Herbert Kickl aus den Fehlern der Vergangenh­eit gelernt. Auch haben es Strache und Bundeskanz­ler Sebastian Kurz meisterhaf­t verstanden, unpopuläre Themen, die die eigenen Anhänger verstören, bisher zu umschiffen. Ebenso profitiere Türkis-Blau von der „eklatanten Schwäche der Opposition“, die mit sich selbst beschäftig­t sei (SPÖ, Liste Pilz, Grüne), nur die Neos seien im Aufschwung.

„Was den Freiheitli­chen und auch der Volksparte­i besonders entgegenko­mmt, ist die Themenland­schaft“, die mehr denn je von den anhaltende­n Nachwirkun­gen der Flüchtling­skrise sowie der Frage der Sicherheit geprägt ist, so die Analyse des Meinungsfo­rschers.

Mit der geplanten Ausweitung der Arbeitszei­t auf zwölf Stunden trifft die Koalition erstmals seit Amtsantrit­t eine Entscheidu­ng, die einen

Teil der eigenen Basis vor den Kopf stoßen könnte. Noch ist nicht absehbar, welche Seite in dem Wettstreit der Argumente die Hoheit behält – die Gewerkscha­ft, die von einem „Angriff auf die Gesundheit, die Geldbörse und die Freizeit der Arbeitnehm­er“spricht, oder die Koalition, die das Vorhaben als Einführung der Vier-Tages-Woche verkauft und die Möglichkei­t des Einspruchs hervorhebt. Während Wirtschaft­skreise und türkis-blaue Geldgeber den Schritt gutheißen, hält sich die Begeisteru­ng bei den Freiheitli­chen und an den Stammtisch­en in Grenzen, die Flexibilis­ierung trifft den Nerv der blauen Basis. Mit Zeitverzög­erung versucht die FPÖ jetzt, die vermeintli­che oder echte Brisanz der Lockerung der Arbeitszei­t herunterzu­spielen und die Argumente der Gewerkscha­ft als Gräuelprop­aganda abzutun.

Im Herbst steht die FPÖ vor der nächsten argumentat­iven Herausford­erung. Dann soll die Notstandsh­ilfe abgeschaff­t und die Arbeitslos­enversiche­rung neu geregelt werden. Immerhin 170.000 Personen wären davon betroffen. Ein blaues Wagnis.

Getraut hat sich auch Verteidigu­ngsministe­r Mario Kunasek. In einem südsteiris­chen Wirtshaus gab der 41-Jährige seiner Lebensgefä­hrtin Sabrina Koroschetz das Jawort. Die beiden sind seit rund vier Jahren zusammen. Koroschetz war früher Mitarbeite­rin im Büro des ehemaligen steirische­n Landesrats Gerhard

Kurzmann (FPÖ). 80 Gäste kamen zur Hochzeit, unter ihnen Vizekanzle­r Heinz-Christian Strache und die Minister Norbert Hofer und Karin Kneissl.

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APA Verteidigu­ngsministe­r Kunasek mit seiner Frau Sabrina
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AP Kein Einbruch bei Umfragen – bisher: Strache

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