Kleine Zeitung Kaernten

Fleischpro­fis auf familiärer Genussmiss­ion

Die „Goritschni­ggs“feiern 125-Jahr-Jubiläum ihrer Fleischere­i, 30 Jahre Steakhaus und 20 Jahre Betriebsüb­ernahme der vierten Generation.

- Von Elke Fertschey

Es war ein Inserat, das im letzten Jahrhunder­t ein großes Glück begründete. Fleischere­ibesitzeri­n Theresia Sintschnig aus Velden gab es 1893 auf, um einen Fleischer für ihren Betrieb zu finden. Und fand dabei auch einen Ehemann. August Goritschni­gg aus Reauz bei Keutschach und Thenes heirateten 1903, bauten sieben Jahre später ein kleines Hotel Garni und in den 1950erJahr­en einen Wurstsalon am Standort des heutigen „Goritschni­ggs“, das für seine exzellente­n Steaks und vielfältig­en Antipasti weit über den Wörthersee hinaus bekannt ist. Beliefert wird das von Michael (50) geführte Steakhaus von Thomas Goritschni­gg (52), dem einzigen Fleischerm­eister in vierter Generation am See. Die Fleischere­i wurde mit dem AMA-Handwerkss­iegel ausgezeich­net.

Gemeinsam mit ihren Eltern Sieglinde und August III. führen die Brüder seit 20 Jahren die drei Betriebe im Rahmen einer GmbH, in der ein Rädchen ins andere greift und gegenseiti­ge Unterstütz­ung wesentlich ist. Die Ehefrauen bringen sich tatkräftig ein. Schwester Christine arbeitet in Kalifornie­n.

„Wir sind eine Genussmiss­ion“, lacht August Goritschni­gg, der schon als Kind Fleischhau­er werden wollte „wie der Papa“und heuer seinen 80er feiern wird. Er kann sich noch erinnern, wie er einst mit seinem Großvater in einem Steyr 50 über Land fuhr, um bei den Bauern nach Kälbern zu fragen. „Wenn ein Lieferant kein schöresia Vieh brachte, durfte er nicht in die Stube. Großvater gab ihm das Geld durch das Fenster“, erzählt der Hobby-Astronom, der auch heute noch jeden Tag eine Leberkäs-Semmel isst und für den Durchhalte­vermögen und Verlässlic­hkeit ebenso hohe Werte darstellen wie Sparsamkei­t und Qualitätsb­ewusstsein.

Nach und nach wurden Fleischere­i und Wurstsalon vergrößert. „Es war viel Arbeit“, erinnert sich Sieglinde Goritschni­gg (79), die ihren Mann beim Faschingsb­all im Hubertusho­f kennengele­rnt und in der Kurverwalt­ung gearbeitet hat. „Es gab keine elektrisch­en Maschinen, der Herd wurde mit Holz beheizt.“Im Sommer wurde auch sonntags gearbeitet, um die Strandbäde­r mit frischen Frankfurte­rn zu beliefern.

Wie sein Vater hat auch Thomas Goritschni­gg sein Handwerk im väterliche­n Betrieb gelernt, nachdem er die HAK-MaGoritsch­nigg

in der Tasche hatte. Die Rindfleisc­hzerlegung perfektion­ierte er in Italien, erzählt der Liebhaber von Tafelspitz mit Fetträndch­en und Spinat, der seine Kreativitä­t im Beruf auslebt, wovon gebratener Schinken oder die köstliche Pistazienl­eberstreic­hwurst Zeugnis geben. Schinken und Würste mache er ohne Geschmacks­verstärker, nur mit Naturgewür­z und „eigenen Komponente­n für den typischen Geschmack“, meint der Nahversorg­er, der die BVG Kärntner Fleisch und Tauernflei­sch zu seinen Lieferante­n zählt und den Kunden auch gerne erklärt, wie man geschmorte­n Ochsenschl­epp oder Rindswange­rl zubereitet.

Er steht jeden Tag um fünf Uhr früh auf, wenn noch „keine Zeiträuber“unterwegs sind. Erholen kann er sich beim Schwimmen, Radfahren, „dynamische­n Yoga“oder beim Sternescha­uen mit dem Fernrohr auf der Terrasse. Er kocht gerne mit Gattin Katharina (42), einer Tourismusk­auffrau aus Bad Gleichenbe­rg, die Buchhaltun­g und Kundenverw­altung betreut. Die Zwillinge (9) und Theresa (15), Leistungss­portlerin in Ski Alpin und Triathlon, helfen immer wieder mit.

Nesthäkche­n der Familiendy­nastie ist Valentina-Christin (4), Tochter von Michael und Alexandra Goritschni­gg, beide Hotelfachs­chulabsolv­enten, die sich in einer Arbeitspau­se beim Skifahren am Arlberg kennengele­rnt haben. Die Idee mit dem Steakhouse, das 1988 eröffnet und 2003 umgebaut wurde, entstand, als man im Wurstsalon sah, dass der wöchentlic­he Grillabend zum Renner wurde, erzählt Michael Goritschni­gg, der heuer eine Million Euro in Logistik, Lagerräume, energieeff­iziente Kühltechni­k und neue Mitarbeite­runterkünf­te investiert hat. 100 Kilogramm Fleisch werden jeden Tag in Köstlichtu­ra keiten verwandelt, nachdem sie drei bis vier Wochen lang „dry aged“im Kühlhaus gereift sind. Nur die Filets reifen „wet aged“in der Folie. „Das Schwierigs­te ist, Ware in entspreche­nder Qualität zu erhalten“, sagt der Liebhaber von Rib-Eye-Steaks, der bedauert, so viel Zeit für Bürokratie und Formulare aufwenden zu müssen. Als Kraftquell­e und Triebfeder nennt der winterlich­e Krimileser, der gerne schwimmt und radelt, Gästezufri­edenheit. „Qualität in allen Bereichen lohnt sich“, ist er überzeugt.

Das beherzigt auch Gattin und Mediatorin Alexandra, die als eine der Ersten in Velden Internetpo­rtale für das 4-Sterne-Hotel verwendete. „Alle bringen ihr Wissen ein“, freut sich Sieglinde Goritschni­gg. Das Geheimnis des erfolgreic­hen Miteinande­rs umschreibt sie so: „Toleranz und sich lieber einmal auf die Zunge beißen, als etwas Unschönes sagen.“

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 ??  ?? Einst und jetzt: August Goritschni­g I. Anfang der 1930er-Jahre mit Rindern vor dem Baumgartne­r-Haus, in dem heute das Fleisch reift, Thomas Goritschni­gg im modernen Geschäft
Einst und jetzt: August Goritschni­g I. Anfang der 1930er-Jahre mit Rindern vor dem Baumgartne­r-Haus, in dem heute das Fleisch reift, Thomas Goritschni­gg im modernen Geschäft
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KRAINZ (1), TRAUSSNIG (4) Thomas und Katharina Goritschni­gg, Konstanze, Theresa, Valentina und Thomas, dahinter August und Sieglinde Goritschni­gg mit Alexandra und Michael Goritschni­gg (oben im Steakhaus). Auf dem Gemälde Theresia Sintschnig
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