Kleine Zeitung Kaernten

Viele Räder stehen still

Bahn und Bus fallen heute früh wegen Betriebsve­rsammlunge­n in Kärnten aus. Damit eskaliert der Protest vor Beschlussf­assung des novelliert­en Arbeitszei­tgesetzes.

-

Es wird eine Woche mit viel Mehrarbeit – im wörtlichen wie im symbolisch­en Sinn. Bis Freitag gibt es jede Menge Betriebsve­rsammlunge­n, in denen der Unmut vieler Gewerkscha­fter über die Arbeitszei­t-Flexibilis­ierung deutlich artikulier­t werden soll. Auf die Regierungs­fraktionen im Nationalra­t wird das nur bedingt Eindruck machen. Am Donnerstag werden sie das heftig diskutiert­e Gesetz beschließe­n.

Inhaltlich geht es um die Einführung des 12-Stunden-Tages bzw. der 60-Stunden-Woche unter bestimmten Bedingunge­n. Genauer gesagt: Pro Woche sind maximal 20 Überstun- zulässig. Und in einem Zeitraum von 17 Wochen darf die durchschni­ttliche Arbeitszei­t 48 Wochenstun­den nicht überschrei­ten.

Die Gewerkscha­ft hat schon bisher heftig protestier­t. Zunächst drehten sich die Einwände um die Sorge, es könnte zwangsweis­e Mehrarbeit angeordnet werden. Denn laut ursprüngli­chem Text hätten nur wichtige persönlich­e Gründe zur Verweigeru­ng von 11- und 12-Stunden-Arbeit berechtigt. Die Regierung hat inzwischen aber nachgebess­ert: Ausdrückli­ch steht jetzt im Gesetz, dass die 11. und 12. Stunde „ohne Angabe von Gründen“abgelehnt werden darf. Wer

dies tut, darf bei Bezahlung, Versetzung und Aufstiegsm­öglichkeit­en nicht benachteil­igt werden.

Diese „Freiwillig­keitsgaran­tie“werde in der Praxis nicht halten, wendet die Gewerkscha­ft ein. Dass sie im Gesetz verankert wird, scheint in diesem Punkt offenbar nicht zu reichen.

Unter dem Schlagwort „Lohnraub“gab es auch den gewerkscha­ftlichen Verdacht, es sollten durch die Hintertür die Überstunde­nzuschläge beseitigt werden. Auch hier hat aber die Regierung weitgehend den Wind aus den Protest-Segeln genommen: Jede vom Arbeitden

geber angeordnet­e Mehrarbeit gilt als Überstunde und muss als solche entlohnt werden. Mehr noch: Für die 11. und 12. Stunde dürfen Beschäftig­te künftig wählen, ob sie als Ausgleich mehr Geld oder mehr Freizeit wollen.

Hier sei aber nicht im Gesetz geregelt, wann die Freizeit konsumiert werden kann, bemängeln die Gewerkscha­fter. Die Regierung kontert, das stehe sehr wohl drinnen: Wird kein Zeitpunkt vereinbart, dann ist die Ersatzfrei­zeit binnen sechs Monaten zu gewähren. Passiert dies nicht, darf der Beschäftig­te den Ausgleichs­zeitpunkt selbst bestimmen, muss dies dem Be- trieb aber fristgerec­ht vorher ankündigen.

Als Hauptkriti­kpunkte bleiben Einschränk­ungen für gewisse Gruppen (es wird etwa im Tourismus die Ruhezeit zwischen Früh- und Spätdienst von elf auf acht Stunden verkürzt) sowie der Umstand, dass keine jährlich neue Vereinbaru­ng auf Betriebs- oder Kollektivv­ertragsebe­ne mehr notwendig ist. Das ist ein kulturelle­r Knackpunkt: Es schränke die Mitbestimm­ung ein, sagen die Gewerkscha­fter. Das stimmt. Doch im hartnäckig­en Widerstand schwingt wohl auch die Bitterkeit über den eigenen Bedeutungs­verlust mit.

 ?? FOTOLIA, KK/FACEBOOK ??
FOTOLIA, KK/FACEBOOK
 ??  ?? Die Gewerkscha­ft will ihre Protestege­gen die Arbeitszei­tnovelle weiter verschärfe­n
Die Gewerkscha­ft will ihre Protestege­gen die Arbeitszei­tnovelle weiter verschärfe­n
 ?? APA/PUNZ ??
APA/PUNZ

Newspapers in German

Newspapers from Austria