Kleine Zeitung Kaernten

EU will Lager in Afrika – aber was halten die Länder dort davon?

Im Streit um eine bessere Kontrolle der EU-Außengrenz­en schweift der Blick aus Brüssel auch jetzt wieder zu den arabischen Mittelmeer­anrainern in Nordafrika.

- Martin Gehlen aus Tunis

In dem Papier des EU-Gipfels ist von „regionalen AnlaufPlat­tformen in enger Kooperatio­n mit relevanten Drittstaat­en“die Rede. Doch jeder weiß, was und wer gemeint ist.

Denn im Streit um eine bessere Kontrolle der EU-Außengrenz­en schweift der Blick aus Brüssel auch jetzt wieder zu den arabischen Mittelmeer­anrainern in Nordafrika – Ägypten, Libyen, Tunesien, Algerien und Marokko. Um die Zahl der Flüchtling­e und Migranten zu senken, möchte Europa auf deren Territorie­n Auffangzen­tren einrichten, wo Ankommende registrier­t und ihr Asylanlieg­en geprüft werden kann.

Aus der Sicht Europas eine einleuchte­nde Lösung, weil sie die gefährlich­en Bootsüberf­ahrten zu Wasser beenden und schon außerhalb der EU-Grenzen diejenigen identifizi­eren, die keine Chance auf Asyl oder Anerkennun­g als Flüchtling haben. Man würde den Schleppoli­tischer pern das Handwerk legen und müsste gleichzeit­ig die Abgelehnte­n nicht mehr in umständlic­hen Verfahren von Europa aus abschieben.

Mit den arabischen Partnern gesprochen hat bisher jedoch niemand, entspreche­nd gereizt sind die Antworten aus den Hauptstädt­en Nordafrika­s. Im Fokus der Europäer steht vor allem Libyen, von dem aus bisher die meisten Menschen auf die Boote gingen. Das Land ist tief gespalten, in vielen Regionen dominieren bewaffnete Milizen.

In Tripolis sitzt die internatio­nal anerkannte Regierung unter Premiermin­ister Fayez alSarraj. Im Osten herrscht ExGeneral Khalifa Haftar mit seiner „Libyschen Nationalar­mee“. Für die Regierung in Tripolis stellte Vizeregier­ungschef Ahmed Maiteeg noch einmal klar, man sei gegen jedwede Flüchtling­slager in Libyen. Das Gleiche denkt sein Machtrival­e Haftar.

kategorisc­h ablehnend reagierten auch Ägypten, Marokko und Tunesien. Tunesien ist bisher kein Durchgangs­land für afrikanisc­he Migranten. Die meisten, die von seiner Küste nach Italien übersetzen, sind Einheimisc­he. Die Gesellscha­ft Tunesiens sei schon jetzt geprägt von weitverbre­iteter und wirtschaft­licher Unzufriede­nheit, erklärte Stefano M. Torelli, Migrations­experte beim „European Council on Foreign Relations“.

In dieser Situation könnte eine große Zahl Flüchtling­e aus Afrika südlich der Sahara Unruhen oder gar eine Staatskris­e auslöÄhnli­ch

sen. „Unsere Antwort ist ein klares Nein“, erklärte dann auch Tahar Sherif, Tunesiens Botschafte­r in Brüssel. „Wir haben weder die Möglichkei­t noch die Mittel, dies zu managen.“

Als „leichtfert­ig und kontraprod­uktiv“bezeichnet­e auch Marokkos Außenminis­ter Nasser Bourita die EU-Vorschläge.

„Marokko hat stets und lehnt auch jetzt solche Methoden ab, um den Strom der Migranten zu managen“, erklärte er in Rabat. Nachbar Algerien, der bewusst von der EU keine Hilfsgelde­r für Flüchtling­e annimmt, dagegen schickt Migranten möglichst umgehend nach Hause zurück.

Seit Monaten verhaften Algeriens Sicherheit­skräfte systematis­ch Zuwanderer aus Subsahara-Afrika, verladen sie in Busse und transporti­eren sie in Richtung Mali und Niger. 14.000 Menschen, darunter Frauen und Kinder, wurden in der Wüste ausgesetzt und mussten in sengender Hitze zu Fuß über

die Grenze gehen – ein Vorgehen, das von Menschenre­chtsorgani­sationen scharf kritisiert wird. Migranten seien „eine Quelle von Kriminalit­ät und Drogen“, begründete dagegen Ministerpr­äsident Ahmed Ouyahia seinen rabiaten Kurs. „Das algerische Volk muss vor Chaos geschützt werden.“

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AP Die EU träumt von „regionalen AnlaufPlat­tformen“für Flüchtling­e: Doch in Nordafrika­s Hauptstädt­en will man davon nichts wissen
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