Kleine Zeitung Kaernten

Kopf an Kopf

Die SPD ist der eindrucksv­olle Beleg dafür, dass es nach unten keine Obergrenze gibt.

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Ein paar Wochen nachdem Martin Schulz im März 2017 ohne eine einzige Gegenstimm­e zum Vorsitzend­en der SPD gewählt und als Hoffnungst­räger gefeiert worden war, trafen wir uns am Rande einer Veranstalt­ung in Berlin. Schulz kam gerade von der Toilette, ich war auf dem Weg dorthin. Schulz sah mich kurz an und schaute weg. Hoppla, dachte ich, wer an mir vorbeiwill, entscheide ich, steuerte auf ihn zu, ergriff seine rechte Hand und sagte: „Schön, dass Sie jetzt die SPD führen. Bei der nächsten Bundestags­wahl sind Ihnen 18 Prozent sicher.“Schulz ließ meine Hand fallen und ging wortlos weiter.

Keine Ahnung, wie ich damals auf 18 Prozent gekommen bin. Jedenfalls lag ich nur knapp daneben. Bei den Bundestags­wahlen kam die SPD auf 20,5 Prozent der Stimmen. In acht der 16 Bundesländ­er, darunter allen fünf „Neuen Ländern“im Osten, schnitt die Partei noch schlechter ab. Es eine Katastroph­e zu nennen, wäre eine Untertreib­ung. ber es war noch nicht das Ende einer langen Talfahrt. Letzten Sonntag gab Emnid bekannt, dass

Adie SPD von 19 auf 17 Prozentpun­kte gefallen war und die AfD sich um gleich drei Prozentpun­kte von 14 auf 17 verbessert hatte. Normalerwe­ise hätte eine solche Nachricht ein Erdbeben ausgelöst. Die älteste und traditions­reichste deutsche Partei gleichauf mit einem „gärigen Haufen“(Vorsitzend­er Gauland), der sich vor fünf Jahren als Partei konstituie­rt hat. Weil aber in Deutschlan­d derzeit nichts normal ist und die Leute nachrichte­nmüde sind, wurde diese Wasserstan­dsmeldung schnell unter „Verlierer des Tages“abgelegt. rotzdem stellt sich die Frage: Was ist mit der SPD? Die Antwort lautet: Sie hat fertig. Ihr laufen nicht nur die Wähler davon, sie hat auch kein Personal, um ihr wichtigste­s Wahlverspr­echen zu erfüllen – sich an Kopf und Gliedern zu erneuern. Sie schafft es nur, einen Vorsitzend­en durch einen anderen zu ersetzen. Den selbstverl­iebten Sigmar Gabriel durch den bräsigen Martin Schulz und den durch die zänkische Matrone Andrea Nahles. Und jedes Mal heißt es: „Wir fangen neu an!“Der nächste Neuanfang kommt bestimmt. Nach unten gibt es keine Obergrenze.

„Die SPD hat kein Personal, um sich an Haupt und Gliedern zu erneuern.“

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