Kleine Zeitung Kaernten

Emotionale­r Pas de deux

Der preisgekrö­nte Antikriegs­film zeigt auf absurde Weise den Umgang mit Trauer und Tod in der israelisch­en Armee.

- Von Jürgen Belko

Trotz aller Schrittvar­iationen kehrt der Tänzer beim Foxtrott immer wieder zum Ausgangspu­nkt zurück. Ein Konzept, dass Samuel Maoz („Lebanon“) für seine gleichnami­ge Tragikomöd­ie adaptiert. Aufgebaut wie eine klassische griechisch­e Tragödie, erzählt der israelisch­e Regisseur in drei Akten eine Parabel über Schicksal, Zufall, Nähe und Distanz.

Tragischer „Held“der Szenerie ist Michael (Lior Ashkenazi), der gleich zu Beginn mit einer Horrornach­richt konfrontie­rt wird: „Herr Feldman, es tut uns sehr leid, ihr Sohn ist heute Nacht im Einsatz gefallen.“Der Architekt aus Tel Aviv und sein Frau Dafna (Sarah Adler) sind geschockt. Jonathan (Yonatan Shiray), ihr einziger Sohn, tot? Fast surreal muten die Beschwicht­igungsvers­uche der Soldaten an, die emotionslo­s und streng nach Protokoll die Todesnachr­icht überbringe­n. Dann die dramatisch­e Wende: Alles nur ein Irrtum, ein Fehler im System. Jonathan lebt!

Auf den streng durchkompo­nierten ersten Teil der Erzählung folgt ein (zunächst) leichtfüßi­ger und stilistisc­h kreativer Part. Jonathan und seine Kameraden sitzen an einem Checkpoint zwischen Westjordan­land und Israel ihren Militärdie­nst ab. Nur ein Kamel, das täglich die Grenze passiert, sorgt für ein wenig Abwechslun­g. Mit viel Ironie paraphrasi­ert Maoz den absurden Alltag der Grundwehrd­iener, die zum quälenden Nichtstun verdammt sind, und spitzt ihn ins Absurde zu – bis ein dramatisch­er Zwischenfa­ll den Handlungsv­erlauf erneut auf den Kopf stellt. Michael und Dafna sitzen im dritten Akt am Küchentisc­h und führen ein verstörend­es Gespräch, das erahnen lässt, dass Jonathan nicht mehr am Leben ist.

Maoz schickt in seinem Leinwand-Triptychon das Publikum auf eine emotionale Achterbahn­fahrt, die niemanden kalt lässt. Das sah auch die Jury bei den Filmfestsp­ielen in Venedig so, die „Foxtrot“mit dem „Silbernen Löwen“auszeichne­te.

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