Kleine Zeitung Kaernten

Was alles im Wasser schwimmt

Wie sauber das Wasser in privaten Swimmingpo­ols wirklich ist, wie man ein Bad in Krankheits­erregern vermeidet und weshalb es keine Alternativ­e zu Chlor als Desinfekti­onsmittel gibt. Ein Blick auf die Untiefen der heimischen Bäderhygie­ne.

- Von Daniela Bachal

Wer träumt im Sommer nicht vom Köpfler in den eigenen Pool, oder zumindest in den des Nachbarn? Zumal Industrie und Handel immer häufiger damit werben, dass es den ganzen Spaß auch so gut wie ohne Chemie, respektive ohne Chlor, gibt. Kann das hygienisch einwandfre­i funktionie­ren?, fragen wir Regina Sommer.

Sie leitet die Abteilung Wasserhygi­ene am Institut für Hygiene und Angewandte Immunologi­e an der Medizinisc­hen Universitä­t Wien.

„Sowohl im öffentlich­en als auch im privaten Pool geht es um Infektions­prävention. Wenn mehrere Menschen ein Becken gemeinsam nutzen , können sie Krankheits­erreger abgeben, die dann vom einen zum anderen übertragen werden. Chlor ist das einzige Desinfekti­onsmittel, das zwischen den Badenden eingebrach­t werden kann und Krankheits­erreger binnen 30 Sekunden abtötet“, sagt die Expertin. Wer kein Chlor will, könnte einfach ständig frisches Wasser nachfüllen – sollte man meinen. „Klingt verlockend und plausibel, aber zwischen den einzelnen Schwimmern ist damit kein Schutz mehr vor Noroviren, Salmonelle­n und allem, was der Körper sonst noch abgeben kann, gegeben“, warnt Sommer.

Wer wissen will, wie Bäderhygie­ne fachlich fundiert funktionie­rt, werfe einen Blick in die österreich­ische Bäderhygie­neverordnu­ng, die im Internet gratis abrufbar ist, lautet der Rat der Hy- gienikerin. „Gesetzlich kontrollie­rt wird die Einhaltung der Vorgaben zwar nur im öffentlich­en Bereich, ich kann aber jedem nur empfehlen, sich an diesen Vorgaben zu orientiere­n, weil nur mit diesen die maximale Sicherheit in puncto Hygiene und Infektions­schutz gegeben ist.“Die Skepsis gegenüber

Chlor im Badewasser lässt sich jedenfalls leicht entkräften: „Wenn ein Bad mit Chlor so betrieben wird, dass das Wasser zunächst durch

Filter- und Flockungsa­nlage gereinigt wird, und dann eine kleine Menge Chlor für die Desinfekti­on eingebrach­t wird, werden sie kaum einen Chlorgeruc­h feststelle­n und auch keine Hautirrita­tionen haben“, sagt Sommer.

Anders gesagt: „In gut gereinigte­m Badewasser, das Stichwort heißt hier Flockungsf­iltration, braucht man nur eine kleine Menge Chlor, die dann auch gut wirkt.“Konkret handle es sich um eine Konzentrat­ion von nicht mehr als 0,3 bis 0,5 Milligramm Chlor pro Liter Beckenwass­er – „0,3 mg sind sogar im Trinkwasse­r erlaubt“, fügt die Wissenscha­ftlerin hinzu und ergänzt: „In Frankreich und England wird das Trinkwasse­r für die Verteilung nach dem Wasserwerk sogar mit mehr als der dreifachen Menge an Chlor versetzt.“

Für die Filtration des Wassers stehen einerseits

Das Chlor arbeitet sich an Schmutzsto­ffen ab, man benötigt also mehr Chlor, wenn das Wasser nicht sauber ist. Regina Sommer

Kartuschen- bzw. Faltenfilt­er zur Verfügung, anderersei­ts kleine und größere Sandfilter. „Bei allen Filtern ist eine regelmäßig­e Reinigung beziehungs­weise der Austausch wichtig“, betont der Sachverstä­ndige für Wasseraufb­ereitung und Bädertechn­ik, Reinhard Karl. Sandfilter werden rückgespül­t, was im Schnitt einmal pro Woche zu erfolgen habe, um den Schmutz aus dem Kreislauf herauszubr­ingen. Der Zeitaufwan­d?

„Etwa fünf Minuten“, sagt Karl.

Wie gut oder schlecht das Chlor wirkt, hängt allerdings noch von einem dritten Faktor ab: dem pH-Wert des Wassers, dieser sollte am besten bei 7 liegen und damit neutral sein. „Bei höherem pH-Werten von 8 9 wirkt Chlor nicht mehr ausreichen­d. Dann braucht es einen pH-Absenker“, sagt Sommer und Karl ergänzt: „Je härter das Wasser ist, desto mehr pH-Absenker benötigt man.“

Ebenfalls wichtig: Gutes Badewasser braucht auch sorgfältig­e Messungen und Kontrollen. „Filter spülen, Chorgehalt nachmessen und pH-Wert überprüfen sollte zur Routine werden“, sind sich die Experten einig und warnen vor Verspreche­n der Industrie, die mitunter Glauben macht, das alles ginge viel einfacher – etwa mit Salz im Wasser als Desinfekti­onsmittel. „Das ist Unsinn, weil Mikroorgan­ismen Salz gut vertragen“, warnt Sommer.

Eine eigene Geschichte sind Systeme, die das Badewasser mit dem Salz über eine Elektrolys­eanlage leiten. Die Werbung spricht hier gern von einer chlorfreie­n Desinfekti­on. Die Wahrheit sieht anders aus: Durch den Prozess entsteht aus dem Kochsalz im Wasser Chlor. Und dessen Konzentrat­ion im Wasser gehört wiederum regelmäßig gemessen bzw. kontrollie­rt. Anders gesagt: Das Salzbecken ist nur eine Variante der Chlorung. „Und sogar die schlechter­e, wenn das Beckenwass­er zuerst mit Salz vermengt wird und dann mitsamt den Stoffen, die die Badenden absondern, über die Elektrolys­ezelle geleitet wird“, warnt Sommer. „Dabei kann eine Vielzahl unterschie­dlichster Substanzen entstehen, die man chemisch nicht unter Kontrolle hat und die zum Beispiel Hautreizun­gen oder Allergien auslösen können.“Sommers Empoder fehlung: Salz in sauberem Trinkwasse­r lösen, es über die Elektrolys­e laufen lassen und dann die Chorlösung dem Becken zusetzen.

Als Alternativ­e zum Chlor werden auch immer wieder sogenannte sauerstoff­basierende Desinfekti­onsmittel angeboten. „Diese sind für die Badewasser­desinfekti­on nicht geeignet“, sagt Sommer, „weil Sauerstoff­abspalter in den eingesetzt­en Konzentrat­ionen nicht ausreichen­d viruzid wirksam sind.“

Und wenn Ozon im Spiel ist? „Würde man ein Becken wirklich mit Ozon desinfizie­ren und dabei eine Konzentrat­ion einstellen, die

Wichtig ist auch die Laufzeit der Umwälzpump­e, wer hier Strom sparen will, schadet der Wasserqual­ität. Reinhard Karl, Spezialist für Bädertechn­ik

man benötigt, um Krankheits­erreger unschädlic­h zu machen, wäre das für den Menschen gesundheit­sgefährlic­h, weil der Badende diesem Reizgas ausgesetzt wäre.“

Merke: Sobald jemand chlorfreie Desinfekti­on verspricht, empfiehlt sich die Frage: Worin besteht der Wirkmechan­ismus? Wie werden Krankheits­er- reger unschädlic­h gemacht? So lassen sich unseriöse Verspreche­n rasch enttarnen. Gesundheit­lich unbedenkli­ches Poolwasser, das ist nun einmal eine Frage hochwirksa­mer Chemikalie­n – richtig dosiert, nur darauf kommt es an.

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Regina Sommer, Expertin für Wasserhygi­ene von der MedUni Wien
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