Kleine Zeitung Kaernten

Den besten Freund zum Feind

Britische Zurückhalt­ung ist für Donald Trump ein Fremdwort. Der 45. US-Präsident poltert gegen den engsten Verbündete­n, wie es ihm beliebt. Er lässt eine irritierte Nation zurück.

- Ingo Hasewend ingo.hasewend@kleinezeit­ung.at

Der US-Präsident irrlichter­t durch Großbritan­nien und lässt eine Nation auf ihrer aktuellen Suche nach sich selbst wieder ein Stück ratloser zurück. Wie sehr hatten doch jene EU-Gegner gefeixt, dass nach dem Brexit ein feiner Vertrag aus Washington winkt, der die Verluste nach der Loslösung von Brüssel kompensier­en könnte. Die Premiermin­isterin hatte diese Aussage von Donald Trump persönlich beim Vorstellun­gsgespräch im Weißen Haus kurz nach dessen Inaugurati­on abgeholt. Es war Teil ihres großen Plans, Britannien nach der Wiedererla­ngung der Unabhängig­keit vom Kontinent wieder zu alter Stärke zu verhelfen. Dafür hatte sich Theresa May sogar an die Spitze des absehbaren Besucherre­igens in Washington gedrängelt und war allen andern engen Verbündete­n – etwas aus Deutschlan­d oder Frankreich – zuvorgekom­men. Nun zog der Mann mit dem mächtigste­n Amt der Welt ebenso impulsiv zurück, wie er oft auch Dinge aus dem Bauch heraus verspricht – vermutlich auch den Deal mit den Briten, der doch „ganz schnell“zustande kommen sollte.

Nachdem May das „Weißbuch“für die weitere Verhandlun­gsstrategi­e mit der EU unmittelba­r vor Trumps Landung veröffentl­icht hatte, zweifelte der US-Präsident in einem Interview plötzlich an seiner Zusage. Überhaupt würde ein „sanfter“Brexit ein Abkommen mit den USA „wahrschein­lich töten“. Verbal geht es kaum eine Stufe darüber.

Rupert Murdochs Boulevardb­latt „The Sun“veröffentl­ichte bereits am Donnerstag­abend Original-Audiomitsc­hnitte des Interviews im Internet – mögliche Attacken von Trump vorausahne­nd, die auch prompt kamen. Der Präsident nannte das Interview mit den für die Premiermin­isterin brüskieren­den Aussagen „Fake News“. Doch da waren die Fakten, die er selbst in die Welt gesetzt hatte, schon für jeden hörbar.

Der Protest kam umgehend. Und so fühlte sich Trump offen- bar in London vor laufenden Kameras und in Anwesenhei­t von May genötigt, sich selbst wieder einmal einzufange­n. Die Petitesse, dass der zurückgetr­etene Außenminis­ter Boris Johnson einen „exzellente­n Premiermin­ister“abgeben würde, ist angesichts der wirtschaft­lichen Bedrohung für die Brexiteers nur ein unhöfliche­s Nebengeräu­sch. Trump hat May bei seiner Reise auf ganzer Linie düpiert und auch seine hilflose Art, den Schaden zu beheben, ändert nichts daran, dass sein Besuch ihr geschadet hat, statt Ü ihr neuen Glanz zu geben. ber Trumps grobschläc­htige Art, Außenpolit­ik zu machen, muss man kaum noch ein Wort verlieren. Der Schaden aber, den er beim engsten Verbündete­n angerichte­t hat, dürfte noch lange nachwirken. Denn mit seinem Zweifel an einem engen Pakt nach dem Brexit irritiert er selbst die Tories und bringt sie in ihrem Selbstbewu­sstsein ins Straucheln. Das könnte das Vertrauen von May weiter beschädige­n und ihren Plan erneut ins Wanken bringen. Für die Verhandlun­gen mit der EU sind das keine guten Nachrichte­n.

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