Filmischer Gratwanderer.
Kurt Diemberger (86) hat sich mit der Erstbesteigung zweier Achttausender im Gipfelbuch des Alpinismus verewigt: Für seine filmische Pionierarbeit zwischen Alpen und Himalaya wird er jetzt geehrt.
Kurt Diemberger verewigte sich mit seinen Erstbesteigungen im Gipfelbuch des Alpinismus.
Kurt Diemberger ist ein epischer Mensch: Als junger Mann zog es ihn in die Berge, um dort nach Fossilien aus längst vergangenen Tagen zu suchen. Von den Hohen Tauern brachte der Pioniergeist nicht nur Versteinerungen in einem bis zum Bersten gefüllten Rucksack mit ins Tal, sondern auch die Liebe zum Alpinismus.
Dieses Bergsteigen trieb der gebürtige Villacher zu ganz neuen Höhen: In den Alpen durchkletterte er weit über 20 Nordwände. Alpinistische Probleme wie die Durchsteigung der stark überhängenden „Schaumrolle“an der Königsspitze in Italien reihen sich in seine alpinistische Lebensgeschichte wie die Erstbesteigung zweier Achttausender: Auf den Broad Peak (1957 gemeinsam mit Herman Buhl und Fritz Wintersteller) folgte der „Weiße Berg“, der Dhaulagiri im Jahr 1960. Wenn man so will, ist das ein Leben, dass für die große Erdass zählung bereit war: Und so schien es nur folgerichtig, dass Diemberger seine Geschichten auf Zelluloid bannte.
Für eben diese Pionierarbeiten zwischen Mont Blanc und Mount Everest wird ihm heuer von der „International Alliance for Mountain Film“(IAMF) der Grand Prix des Jahres 2018 verliehen. 1978 stand Kurt Diemberger auf dem Gipfel des Mount Everest und lichtete die erste 360-Grad-Panorama-Aufnahme weltweit ab: „Dieses historische Bild war mit ein Grund, die IAMF mir den Grand Prix verleihen wird.“Dieses in seiner schieren Größe epische Bild, bestehend aus 18 Einzelbildern, wird in voller Größe noch in diesem Jahr in einem Museum in Südtirol gezeigt. Vier Mal drehte der Alpinist am Everest: Sein Film über den Everest-Ostgrad wurde sogar mit dem „Emmy“ausgezeichnet.
„Beigebracht habe ich mir alles selbst. Aber mein Kärntner Cousin, Herbert Raditschnig war der Kameramann von Heinrich Harrer, der hat mir gute Tipps gegeben“, sagt Diemberger, dessen Filmen eine große erzählerische Kraft innewohnt. Sein Film „K2. Traum und Schicksal“ist noch heute ein Film, der durch großartige Bilder und eine spannende Erzählung besticht, und damit viele der Hochglanzbilder neuerer HD-Produktionen, die ohne nennenswerte Erzählung auskommen, in den Schatten stellt. Seine filmische Karriere
Der Film über den großen Grat von Peuterey am Mont
Blanc war der Schicksalsfilm für meine Filmkarriere.
begann bereits mit dem Film „Mont Blanc – der große Grat von Peuterey“: „Das war mein Schicksalsfilm für meine Karriere.“Diemberger gewann damit 1962 den großen Filmpreis des italienischen Film-Clubs in Trient. Diemberger und Franz Lindner durchkletterten den acht Kilometer langen Peuterey-Grat am Mont Blanc und dokumentierten diese alpinistische Herausforderung filmisch: „Mit dem Preisgeld kaufte ich mir einen Siemens-2000-Projektor und tourte damit durch die Lande.“Für Diemberger ist diese erste filmische Aufnahme dieser fünftägigen Überschreitung „ein Dokument aus einer fernen Zeit des Alpinismus“.
Der begnadete Bergsteiger wurde so auch zum Chronisten seines eigenen Lebens und der großen Berge dieser Welt. „Wenn ich einen Film mache, dann ist das Bergsteigen jedoch untergeordnet.“Auf dem Everest gelang Diemberger auch der erste Synchron-Ton-Film. Mit Julie Tullis, seiner am K2 verstorbenen Film-Partnerin, galt Diemberger als „höchstes Film-Team“der Welt. Diemberger lebt heute mit seiner italienischen Ehefrau Teresa abwechselnd zwischen Bologna und Salzburg und schaut immer wieder gerne in seinem Häuschen am Ossiacher See vorbei. Die großen Berge sind ihm heute zu fern: „Aber ich mache immer noch Touren im Apennin. Klettern tu ich nimmer, aber entdecken immer noch!“