Kleine Zeitung Kaernten

Hart an der Schmerzgre­nze

Von Waffennarr­en und Freigeiste­rn: Sacha Baron Cohen will mit „Who is America?“das Land erkunden. Doch das funktionie­rt nur bedingt, nachdem die Realität längst die Satire überholt hat.

- Von Susanne Rakowitz

Er kann so schön über die Fremdschäm­grenze gehen wie kaum ein anderer. Er war Ali G, Borat und Brüno. Jetzt hat Sacha Baron Cohen seine Werkstatt wieder geöffnet. In der siebenteil­igen Serie „Who is America?“(dienstags, 20.15 Uhr, Sky) schlüpft der britische Komiker und Schauspiel­er in unterschie­dliche Charaktere und muss unfreiwill­ig feststelle­n: Nichts ist mehr so, wie es einmal war.

Das gilt auch für seine Art der Feldforsch­ung: Provokatio­n entfacht Reaktion. Doch was vor wenigen Jahren noch witzig gewesen wäre, hat sich überholt, denn die Realität ist zur Satire geworden. Da wirkt Baron Cohen schnell verloren, wenn er als liberaler Freigeist mit pinker Protesthau­be bei TrumpFans zu Gast ist und ihnen schildert, dass seine Tochter auf die US-Fahne menstruier­t – als Sinnbild für all das Blut, das für diese Nation vergossen wurde.

Das ist nicht das Senkblei, das es braucht, um diese Brüche im Land auszuloten. Wenn 30 Minuten Witz im Hals stecken bleiben, kriegt man irgendwann nur sehr schwer Luft. Beklemmend wird es, wenn er den israelisch­en Militär Erran Morad mimt, dann kommt es zum Paartanz des Irrsinns. Dieser will US-Politikern eine kühne Idee schmackhaf­t machen: schon Schüler in der Vorschule zu bewaffnen. Tatsächlic­h kann er namhafte republikan­ische Politiker für die Idee gewinnen.

Der Waffenfeti­schist Philip Van Cleave dreht mit ihm sogar ein Werbevideo für „Puppy Guns“, Waffen mit Stoffhündc­henaufsatz. Das Magazin für die Waffe hat das wehrhafte Vorschulki­nd in der Jausendose. Denn klar sei, so Van Cleave: „Das Böse ist in den Herzen und nicht in den Waffen.“Die treffendst­e Analyse kommt von einer Galeristin, die Baron Cohen in seiner Rolle als Ex-Knacki besucht: „Wir sind alle verrückt und normal gleichzeit­ig.“Die alles entscheide­nde Frage am Ende des Tages ist: Wie kommen wir aus der Geschichte wieder raus?

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