Identitären-Prozess: Zeuge schildert Sturm auf Hörsaal.
Welche Spuren der Sturm eines Hörsaales bei ihm hinterließ, schilderte ein Zeuge im Identitären-Prozess.
Es fühlte sich an wie eine Invasion“, erinnert sich ein Zeuge an die Störaktion, bei der Identitäre im Juni 2016 einen Vorlesungssaal der Uni Klagenfurt stürmten. Er war Hörer der Vorlesung, in der es um die Ausbildung von Integrationsbegleitern ging. „Ich wollte nur, dass es aufhört, dass diese Unmenschen hinausgehen und die Tür zumachen.“
Die Aktion lief so ab, dass in Niqab gehüllte Männer mit Schaumstoffstücken einen „autochthonen Österreicher“in Lederhose, der in ein Joch eingespannt war, „steinigten“. Dazu wurde in ohrenbetäubender Lautstärke über Megafon ein Text verlesen, in dem Integration als Lüge bezeichnet wurde.
„Ich habe Migrationshintergrund“, sagt der Mann. Als Zwölfjähriger floh er mit der Familie vor dem Krieg in Bosnien. Er versuchte, dem Sprecher das Megafon zu entreißen, der wurde aber abgeschirmt. Als der Zeuge den Gurt des Megafons zu fassen bekam, verstummte es und die Aktionisten verließen rasch den Saal. Einer Anklage wegen Körperverletzung entging der Zeuge, aber: „Es war so laut, dass ich danach wegen Tinnitus in Behandlung war.“
Der Sturm des Hörsaales habe ihn sehr aufgewühlt. „Das war unmenschlich. Es hat mich sehr belastet und war traumatisierend für mich.“Er habe die Aktion als sehr aggressiv und als verbal gewalttätig empfunden. „Das war eine ziemlich schlimme Verhetzung.“
Er sei selbst Österreicher, arbeite und zahle Steuern, erklärt der Zeuge. „Ich will nicht das Gefühl haben, dass hier Menschen leben, die solchen Hass in sich tragen.“
„Wie haben Sie diese Aktion gedeutet?“, fragt der Staatsanwalt. – „Dass sie gegen Moslems und gegen Ausländer gerichtet war.“Es sei eben am einfachsten gewesen, Frauen im Niqab darzustellen. Solcher Hass, solche Hetze habe in Bosnien zum Hass zwischen den Volksgruppen und zum Krieg geführt.
Man könnte eine Stecknadel fallen hören, als der Richter den Zeugen erzählen lässt, wie er Krieg, Flucht und Anfeindung in Österreich erlitten hat. „Dieses Hassgeschrei, der Aufruhr, das hat mich zurückversetzt ...“
„Was ist so lustig?“, fährt der Richter einen der 17 Angeklagten an. – „Entschuldigung, ich war in Gedanken woanders.“– „Nein, Sie waren genau da“, sagt der Staatsanwalt, „und Sie haben den Zeugen ausgelacht. Ihr blödes Grinsen braucht da keiner.“„Wenn Ihr in der Nähe von einem Konzentrationslager in Bosnien gelebt hättet, jede Nacht die Schreie von Kindern, die gerade miterleben, wie ihre Eltern getötet werden, würdet ihr nicht so denken und so viel Hass in euch tragen“, wendet sich der Zeuge direkt an die Angeklagten. Als ihn der Staatsanwalt mit der identitären Forderung konfrontiert, dass Integration nicht reiche und Assimilation die Lösung sei, bricht er in Tränen aus. „Sie zerstören das Leben von so vielen Menschen mit Ihren Hassparolen.“
Fortsetzung heute, die Urteile könnten nächste Woche fallen.
Lasst euch nicht von diesen Menschen blenden, die so voll
Hass sind!
Zeuge
der Aktion an der Uni Klagenfurt