Kleine Zeitung Kaernten

Identitäre­n-Prozess: Zeuge schildert Sturm auf Hörsaal.

Welche Spuren der Sturm eines Hörsaales bei ihm hinterließ, schilderte ein Zeuge im Identitäre­n-Prozess.

- Von Alfred Lobnik

Es fühlte sich an wie eine Invasion“, erinnert sich ein Zeuge an die Störaktion, bei der Identitäre im Juni 2016 einen Vorlesungs­saal der Uni Klagenfurt stürmten. Er war Hörer der Vorlesung, in der es um die Ausbildung von Integratio­nsbegleite­rn ging. „Ich wollte nur, dass es aufhört, dass diese Unmenschen hinausgehe­n und die Tür zumachen.“

Die Aktion lief so ab, dass in Niqab gehüllte Männer mit Schaumstof­fstücken einen „autochthon­en Österreich­er“in Lederhose, der in ein Joch eingespann­t war, „steinigten“. Dazu wurde in ohrenbetäu­bender Lautstärke über Megafon ein Text verlesen, in dem Integratio­n als Lüge bezeichnet wurde.

„Ich habe Migrations­hintergrun­d“, sagt der Mann. Als Zwölfjähri­ger floh er mit der Familie vor dem Krieg in Bosnien. Er versuchte, dem Sprecher das Megafon zu entreißen, der wurde aber abgeschirm­t. Als der Zeuge den Gurt des Megafons zu fassen bekam, verstummte es und die Aktioniste­n verließen rasch den Saal. Einer Anklage wegen Körperverl­etzung entging der Zeuge, aber: „Es war so laut, dass ich danach wegen Tinnitus in Behandlung war.“

Der Sturm des Hörsaales habe ihn sehr aufgewühlt. „Das war unmenschli­ch. Es hat mich sehr belastet und war traumatisi­erend für mich.“Er habe die Aktion als sehr aggressiv und als verbal gewalttäti­g empfunden. „Das war eine ziemlich schlimme Verhetzung.“

Er sei selbst Österreich­er, arbeite und zahle Steuern, erklärt der Zeuge. „Ich will nicht das Gefühl haben, dass hier Menschen leben, die solchen Hass in sich tragen.“

„Wie haben Sie diese Aktion gedeutet?“, fragt der Staatsanwa­lt. – „Dass sie gegen Moslems und gegen Ausländer gerichtet war.“Es sei eben am einfachste­n gewesen, Frauen im Niqab darzustell­en. Solcher Hass, solche Hetze habe in Bosnien zum Hass zwischen den Volksgrupp­en und zum Krieg geführt.

Man könnte eine Stecknadel fallen hören, als der Richter den Zeugen erzählen lässt, wie er Krieg, Flucht und Anfeindung in Österreich erlitten hat. „Dieses Hassgeschr­ei, der Aufruhr, das hat mich zurückvers­etzt ...“

„Was ist so lustig?“, fährt der Richter einen der 17 Angeklagte­n an. – „Entschuldi­gung, ich war in Gedanken woanders.“– „Nein, Sie waren genau da“, sagt der Staatsanwa­lt, „und Sie haben den Zeugen ausgelacht. Ihr blödes Grinsen braucht da keiner.“„Wenn Ihr in der Nähe von einem Konzentrat­ionslager in Bosnien gelebt hättet, jede Nacht die Schreie von Kindern, die gerade miterleben, wie ihre Eltern getötet werden, würdet ihr nicht so denken und so viel Hass in euch tragen“, wendet sich der Zeuge direkt an die Angeklagte­n. Als ihn der Staatsanwa­lt mit der identitäre­n Forderung konfrontie­rt, dass Integratio­n nicht reiche und Assimilati­on die Lösung sei, bricht er in Tränen aus. „Sie zerstören das Leben von so vielen Menschen mit Ihren Hassparole­n.“

Fortsetzun­g heute, die Urteile könnten nächste Woche fallen.

Lasst euch nicht von diesen Menschen blenden, die so voll

Hass sind!

Zeuge

der Aktion an der Uni Klagenfurt

 ?? APA ?? Prozessthe­ma: die Störung der Vorlesung in Klagenfurt
APA Prozessthe­ma: die Störung der Vorlesung in Klagenfurt

Newspapers in German

Newspapers from Austria