Fall Skripal: Verwirrung um die Attentäter
Verantwortliche für Anschlag auf Ex-Agent und Tochter laut Presseagentur identifiziert. Doch die britische Regierung dementiert.
Das Nervengift Nowitschok hätte sie fast umgebracht: Im März waren der russische Ex-Spion Sergei Skripal (67) und seine Tochter Julia (33) bewusstlos auf einer Parkbank im britischen Salisbury gefunden worden.
Monate später sah es gestern so aus, als seien die Attentäter identifiziert. Es handle sich um mehrere Russen, berichtete die britische Nachrichtenagentur Press Association (PA) und berief sich auf eine Quelle aus dem Umfeld der Ermittlungen.
„Die Ermittler glauben, dass sie die Tatverdächtigen des Nowitschok-Angriffs mithilfe von Überwachungskameras identifiziert haben“, wird die Quelle zitiert. Die Aufzeichnungen seien mit Einreisedaten von Menschen abgeglichen worden, die zu dieser Zeit nach Großbritannien gekommen sind. Bei allen Verdächtigen soll es sich um Russen handeln. Der amerikanische Sender CNN berichtete wiederum, dass die Polizei zwei Verdächtige identifiziert habe. Sie sollen England kurz nach dem Anschlag per Flugzeug verlassen haben.
Eine offizielle Bestätigung gab es gestern für keinen der beiden Berichte. Dafür ein Dementi zur Meldung der Nachrichtenagentur PA. Der britische Sicherheitsminister Ben Wallace schrieb auf Twitter: „Ich denke, die Geschichte gehört in den ,Schlecht informiert und wilde Spekulationen‘-Ordner.“Auch der russische Botschafter in
Großbritannien, Alexander Jakowenko, meldete sich zu Wort: „Ich will das von Scotland Yard oder dem Außenministerium hören, nicht aus der Presse“, sagte er zu den Medienberichten. Der Botschafter will Beweise sehen. Russland sei dafür zur Zusammenarbeit mit den britischen Behörden bereit. Jakowenko bekräftigte zudem die russische Forderung, Zugang zu den Ermittlungen zu bekommen. London bezichtigt Moskau schon länger, Drahtzieher des versuchten Mordanschlags auf die Skripals gewesen zu sein. Der Fall löste eine schwere diplomatische Krise aus. Mehr als zwei Dutzend Länder wiesen russische Diplomaten aus. Russland reagierte ebenfalls mit Ausweisungen.
Indes gehen die Ermittlungen in einem anderen NowitschokFall weiter. Vergangene Woche war bekannt geworden, dass auch eine inzwischen gestorbene 44-jährige Frau und ein 45jähriger Mann durch eine kleine Flasche mit dem Nervengift in Kontakt gekommen waren.
Nun soll festgestellt werden, ob das Gift aus derselben Quelle stammt wie die Substanz, mit der Skripal und seine Tochter vergiftet worden waren. Die Ermittler halten es für wahrscheinlich, dass die Fälle zusammenhängen.
Das todbringende Gift Nowitschok wurde in der früheren Sowjetunion entwickelt, später wurde damit auch in anderen Ländern experimentiert.