Erdo˘g an schränkt die Grundrechte weiter ein
Die Türkei beendet Ausnahmezustand – und verschärft gleichzeitig die Terrorgesetze.
Nach zwei Jahren ist der Ausnahmezustand in der Türkei ausgelaufen. Viel freier wird das Land aber nicht. Denn Staatschef Recep Tayyip Erdog˘an will nun die Antiterrorgesetze verschärfen. Damit bleiben viele Grundrechte weiterhin eingeschränkt. Oppositionspolitiker werfen der Regierung Augenauswischerei vor: Mit den neuen Gesetzen werde der Ausnahmezustand durch die Hintertür wieder eingeführt und zum Dauerzustand gemacht. Erdog˘an hatte den Ausnahmezustand fünf Tage nach dem gescheiterten Putschversuch verhängt. Obwohl es anfangs hieß, dieser werde nur für „kurze Zeit“gelten, wurde er seither sieben Mal verlängert.
So konnte der Präsident das Land mit Dekreten praktisch im Alleingang regieren, Kritiker zum Schweigen bringen und Gegner ausschalten. Es waren Grundrechte wie die Versammlungs- und Pressefreiheit eingeschränkt. Verdächtige konnten ohne konkrete Anhaltspunkte bis zu zwei Wochen von der Polizei festgehalten werden. Mit verschärften Gesetzen will die Regierung jetzt „den Kampf gegen den Terror auch nach dem Ausnahmezustand problemlos weiterführen“, wie der Regierungspolitiker Bülent Turan ankündigte. Das Gesetzespaket wurde dem zuständigen Parlamentsausschuss zugeleitet und soll nächste Woche vom Plenum verabschiedet werden.
Nachdem Erdog˘an erst vor zehn Tagen per Dekret 18.632 Staatsbedienstete feuerte, ermöglichen die neuen Gesetze auch in Zukunft Massenentlassungen ohne richterlichen Beschluss. Die von der Regierung ernannten Provinzgouverneure erhalten erweiterte Befugnisse. Sie können Versammlungen nach Gutdünken verbieten, Ausgangssperren verhängen und die Bewegungsfreiheit von Personen einschränken, wenn der Verdacht besteht, dass sie „die öffentliche Ordnung oder Sicherheit stören“. Diese Verschärfungen der Antiterrorgesetze sollen zunächst für drei Jahre gelten.