Kleine Zeitung Kaernten

Israel hilft Syrern in der Not

Im Westen werden Weißhelme als Helden gefeiert, beim Regime in Syrien sind sie jedoch verhasst.

- Seit Mitte Juni

In einer dramatisch­en Rettungsak­tion hat Israel in der Nacht zu Sonntag rund hundert Weißhelme zusammen mit 320 Familienan­gehörigen aus dem syrischen Grenzgebie­t und anschließe­nd von den Golanhöhen aus mit Bussen nach Jordanien gebracht. Ursprüngli­ch geplant war die Aufnahme von 800 Personen. Wie der jordanisch­e Außenminis­ter Ayman alSafadi jedoch mitteilte, kamen bisher lediglich 422 auf jordanisch­em Territoriu­m an. Sie sollen in den kommenden drei Monaten nach Deutschlan­d, Kanada und Großbritan­nien umgesiedel­t werden.

Man habe auf Bitten der USA, Kanadas und der EU gehandelt, erklärte die israelisch­e Armee und nannte die Aktion „eine ausnahmswe­ise erfolgte humanitäre Geste“. Nach Angaben des Weißhelm-Chefs Raed Saleh waren die Mitglieder seiner Organisati­on von heranrücke­nden russischen und syrischen Truppen nahezu umzingelt.

Nach Darstellun­g israelisch­er Sicherheit­skreise wurden die Weißhelme und ihre Familien über geheime Kanäle zu zwei auf der syrischen Seite dirigiert, der eine auf den nördlichen Golanhöhen nahe Kuneitra, der andere auf den südlichen Golanhöhen nahe dem Dreiländer­eck Syrien, Israel und Jordanien, welches sich strichweis­e noch in der Hand der Terrormili­z IS befindet. Dort sollten sich die Flüchtling­e am Samstagabe­nd einfinden, am besten zu Fuß, um kein Aufsehen zu erregen. Gegen 23 Uhr öffnete Israel seine Grenztore. Nach Angaben des britischen TV-Senders BBC jedoch gelang es der zweiten Gruppe aus dem IS-Gebiet im ersten Anlauf nicht, sich in Sicherheit zu bringen. Ihr Schicksal blieb den ganzen Sonntag über unklar.

Die über Kuneitra eingelasse­ne Gruppe dagegen fuhr im Buskonvoi und unter strenger Bewachung ohne Zwischenst­opp zum nördlichen Übergang Sheikh Hussein zwischen Israel und Jordanien, wo die Evakuierte­n von Vertretern des haschemiti­schen Königreich­es in Empfang genommen und zu einer speziell abgeschirm­ten Unterkunft gebracht wurden.

läuft die Großoffens­ive des Damaskus-Regimes und seiner russischen und iranischen Verbündete­n gegen die südliche Rebellenen­klave von Dar‘a¯ und Kuneitra. Nach heftigen Bombenangr­iffen stimmten in den vergangene­n beiden Wochen nahezu alle Rebellenko­mmandeure einer Übergabe ihrer schweren Waffen und einer kampflosen Kapitulati­on zu. Einige Tausend Bewaffnete wurSammelp­unkten

den mit ihren Familien in die letzte noch verblieben­e Rebellenen­klave im Norden, der Provinz Idlib, transporti­ert. Für die meisten kommunalen Aktivisten und zivilen Assad-Gegner im Süden dagegen gibt es kein Entrinnen vor den Schergen des Diktators, da Jordanien und Israel ihre Grenzen für syrische Flüchtling­e komplett abgeriegel­t halten.

Die Weißhelme wurden 2013 gegründet und von westlichen Geldgebern für ihre Rettungsar­beit geschult, finanziert und ausgerüste­t. Die etwa 3000 Mitarbeite­r der Organisati­on, die in der Regel ein kleines Gehalt bekommen, haben nach syrischen oder russischen Luftangrif­fen Abertausen­de verschütte­te Frauen, Männer und Kinder aus den Trümmern geborgen.

Mindestens 200 Weißhelme verloren bei den Einsätzen an Orten wie Aleppo, Homs, OstGhuta und Dar‘a¯ ihr Leben, 600 wurden verletzt. Mehrfach griffen russische Jets gezielt Stützpunkt­e der Weißhelme an, um deren Mitglieder zu töten und deren Ausrüstung zu zerstören.

Seit Jahren läuft eine von Russland gesteuerte Hetzkampag­ne im Internet gegen die freiwillig­en Ersthelfer, die 2016 für „ihren außergewöh­nlichen Mut, ihr Mitgefühl und ihren humanitäre­n Einsatz“mit dem Alternativ­en Nobelpreis ausgezeich­net wurden. Der von Netflix produziert­e Kurzfilm „Die Weißhelme“erhielt 2017 einen Oscar. „Die letzten Männer von Aleppo“, ein zweiter Film über die Retter, war 2018 für den Oscar nominiert.

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Für ihren Einsatz als Ersthelfer erhielten Syriens Weißhelme den Alternativ­en Nobelpreis – nun brauchten sie selbst Hilfe
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