Der runderneuerte „Jedermann“in Salzburg begeistert.
Michael Sturminger hat bei der Wiederaufnahme eine schlüssige Inszenierung unter Dach und Fach gebracht.
Der Wettergott hatte zu spät Einsehen. Bereits die vierte „Jedermann“-Premiere in Folge musste vom Domplatz ins Großen Festspielhaus übersiedeln. Hier zeigte sich jedoch, dass Regisseur Michael Sturminger heuer fast ohne Umbesetzung, aber mit Rücknahme einiger Text-Korrekturen eine schlüssige Inszenierung unter Dach und Fach gebracht hat – in ihren Mitteln und der Grundskepsis der Protagonisten modern, in ihrer Auseinandersetzung mit dem Tod die religiöse Dimension aber nicht verweigernd.
Tobias Moretti ist ein wesentlich geschäftigerer, weniger grüblerischer Geschäftsmann, der sich die Welt zusammenzukaufen gewohnt ist. Viel deutlicher verkörpert er unsere skrupellose Zeit. Als der arme Nachbar (Roland Renner) entschädigt werden will, entfährt Jedermann: „Wie komm’ ich dazu?“
Der Bruch kommt indes ein bisschen plötzlich. „Wir sind gute Christen!“, versichert er noch seiner besorgten Mutter (Edith Clever hat Momente großer Dringlichkeit), obwohl Einsicht und Einkehr nicht auf seiner Agenda stehen, um doch kurz darauf seine Tischgesellschaft im Totenhemd zu sehen und alle mit düsteren Vorahnungen zu verstören. Stefanie Reinsperger als Buhlschaft steht ihm als Liebende zur Seite und kann doch nicht verleugnen, dass auch ihr das eigene Leben näher liegt, wenn’s beim Nächsten ans Sterben geht.
Peter Lohmeyer hat als Tod deutlich mehr Gewicht bekommen und liefert Momente gespenstischer Intensität. Das finale Ringen um die Seele Jedermanns, der vom schlichten Glauben (Johannes Silberschneider) auf den rechten Pfad geführt wird, findet in Neonlicht statt, während Wolfgang Mitterers an sich gelungene neue Bühnenmusik Nachtklub-Ambiente erzeugt.
Das Ende dieses „Jedermann“überzeugt noch nicht, doch die Chancen auf eine größere Lebenserwartung steigen. Erstmals hat die Festspiel-Präsidentin angedeutet, diese Inszenierung könne vielleicht auch zum 100-JahrJubiläum 2020 gezeigt werden. Wolfgang Huber-Lang „Jedermann“von Hugo von Hofmannsthal bei den Salzburger Festspielen. Bis 27. August. Restkarten: Tel. 0662 8045-500. www.salzburgerfestspiele.at