Kleine Zeitung Kaernten

Handelsstr­eit: EU und USA machen einander Zugeständn­isse.

EU-Kommission­schef Juncker und US-Präsident Trump nähern sich im Handelsstr­eit überrasche­nderweise an.

- Von Thomas J. Spang aus Washington

Der US-Präsident sprach auf der hastig arrangiert­en Pressekonf­erenz im Rosengarte­n des Weißen Hauses von einem „großen Tag für den freien und fairen Handel“. Sein Gast aus Brüssel schmunzelt­e verschmitz­t. Er habe die Einladung Donald Trumps angenommen mit der Absicht, zu einem Ergebnis zu kommen. „Und wir haben uns geeinigt.“

Zum Beifall von eilig zusammenge­trommelten Senatoren verkündete­n beide Seiten einen Waffenstil­lstand in dem Konflikt, der kurz davor stand, zu einem vollen Handelskri­eg zu eskalieren. „Wir haben uns darauf verständig­t, null Zölle anzustrebe­n, null nicht-tarifäre Handelssch­ranken und null Subvention­en auf Güter, die nichts mit der Autoindust­rie zu tun haben“, erklärte Trump die Stoßrichtu­ng der Annäherung.

Eine Absichtser­klärung, die nun mit Leben gefüllt werden muss. Dafür sollen unmittelba­r Arbeitsgru­ppen eingesetzt werden, die im Prinzip da weitermach­en können, wo die TTIP-Verhandlun­gen 2016 stehen blieben. Juncker sprach von einem „konstrukti­ven Treffen“. Er bestätigte die Bereitscha­ft der Europäer, mehr Gas und Sojabohnen aus den USA zu kaufen. Umgekehrt dürfen die Autobauer aufatmen. „Solange wir verhandeln, gibt es keine weiteren Zölle.“Darüber hinaus werde auch über eine Aufhebung der Stahl- und Aluminiumz­ölle gesprochen.

Der US-Präsident bestätigte den erzielten Kompromiss. „Wir werden nicht gegen den Geist der Abmachung verstoßen. Es sei denn, eine Seite kündigt die Vereinbaru­ng.“

Zwei Stunden vor dem Auftritt im Rosengarte­n, hätte in Washington niemand einen Blumentopf auf eine Annäherung gewettet. Während Juncker und Trump miteinande­r sprachen, meldete die „Washington Post“unter Berufung auf drei hohe Mitarbeite­r im Weißen Haus, Trump sei entschloss­en, Autozölle auf Waren im Wert von 200 Milliarden Dollar zu verhängen. Juncker hatte das öffentlich als „beklopft“bezeichnet.

Laut „Post“sehen das wohl auch Berater des US-Präsidente­n so ähnlich. Es gebe einen konstanten Schlagabta­usch zwischen den unterschie­dlichen Fraktionen im Weißen Haus. Budget-Direktor Mick Mulvaney räumte auf CNBC ein, es gebe Meinungsve­rschiedenh­eiten. „Aber der Präsident trifft ultimativ die Entscheidu­ng.“

Diese fällt vorläufig anders aus, als der gereizte Auftakt des Gipfels erwarten ließ. Der EUKommissi­onspräside­nt verzog die Augenbraue­n, während ihn Gastgeber Trump als „klugen und zähen“Mann willkommen hieß. Juncker klang noch im Ohr, wie ihn der US-Präsident erst kürzlich beim G-7-Gipfel in Kanada gleich mehrfach als „brutalen Killer“bezeichnet hatte.

Beim Fototermin vor Beginn der Gespräche bemühten sich beide Seiten kaum, ihre wahren Gefühle füreinande­r zu verbergen. Demonstrat­iv bedankte sich Juncker für „die Initiative, mich ins Weiße Haus einzuladen.“Ein nicht zu übersehend­er Seitenhieb gegen Trump, der so tat, als rücke Juncker nur wegen des von ihm aufgebaute­n Drucks an. „Strafzölle sind großartig!“, twitterte Trump. „Jeder kommt verhandeln.“

Während der Präsident bei dem kurzen gemeinsame­n Auftritt mit Juncker vor den Medien klagte, die USA hätten „über die Jahre Hunderte Milliarden Dollar an die Europäisch­e Union verloren“, widersprac­h Juncker dem vor zwei Wochen geäußerten Vorwurf Trumps, die EU sei ein „Feind“. „Wir sind Partner, Verbündete und nicht Feinde.“

Im Vorfeld der Gespräche hatte das Umfeld Junckers Erwartungs­diät betrieben. Es gebe nicht viel, „was die EU tun kann, dem Präsidente­n die Sorgen zu nehmen“. Er wollte auf eine Deeskalati­on hinarbeite­n und die Position der Europäer erklären.

Ob die erzielte Annäherung den Handelsstr­eit dauerhaft löst oder ein taktisches Zugeständn­is ist, bleibt offen.

Während Trump mit Juncker sprach, brachten die Senatoren Doug Jones und Lamar Alexander einen Gesetzesen­twurf ein, mit dem dem Präsidente­n vorübergeh­end die Hände gebunden werden sollen. „Diese Strafzölle sind gefährlich“, erklärten die Senatoren. „Sie werden Jobs kosten und das Einkommen der Familien treffen.“Diese Sorge teilen Abgeordnet­e beider Parteien aus den Bundesstaa­ten Alabama, South Carolina und Tennessee, in denen Daimler, BMW und Volkswagen große Standorte unterhalte­n. Die deutschen Autobauer könnten durch die Handelspol­itik Trumps weggeekelt werden.

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Jean-Claude Juncker und Donald Trump im Weißen Haus. „Wir haben einen Deal“, sagte der Kommission­schef nach dem Treffen
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