Lauter Schrei nach Veränderungen
Brände bei Athen sind unter Kontrolle, Zahl der Opfer könnte dreistellig werden. Staat in heftiger Kritik, EU will den Katastrophenschutz stärken.
Mit rund 80 Toten ist es bereits jetzt der folgenschwerste Waldbrand in Griechenland seit gut 40 Jahren, doch noch sind nicht alle Vermissten gefunden: Während die verheerenden Feuer nahe Athen weitgehend unter Kontrolle gebracht werden konnten, suchen Einsatzkräfte nach möglichen weiteren Opfern. Die bange Frage: Wie viele Tote gibt es noch in den mehr als 1000 zerstörten Häusern?
Insbesondere im Ferienort Mati und in Kokkino Limanaki, einem Viertel der rund 40 Kilometer von Athen entfernten Hafenstadt Rafina, werden weitere Opfer befürchtet. Laut Feuerwehrsprecherin Stavroula Maliri gingen bei der Feuerwehr Dutzende Anrufe von Menschen ein, die ihre Angehörigen suchten. Ob die Betreffenden unter den Toten seien, sei wegen des Zustands der Leichen noch nicht zu sagen. Die Bürgermeister der Region um Rafina, Mati und Neos Voutzas im Osten der griechischen Hauptstadt befürchten, dass die Zahl der Opfer am Ende dieses Dramas dreistellig sein könnte.
Die Staatsanwaltschaft am obersten Gerichtshof leitete unterdessen Ermittlungen zu den Ursachen ein. In den Medien wird längst über einen kriminellen Hintergrund gemutmaßt: Spekulanten könnten die Brände gelegt haben, um abgebrannte Ländereien später in Bauland umwidmen zu können. Experten sind sich jedoch weitgehend einig. Egal aus welchem Grund der Brand ausbrach, freiwillige Helfer, Feuerwehren und allen voran Einwohner hatten keine Chance, das Inferno zu stoppen. Winde der Stärke 9 erzeugten binnen Minuten ein Flammenmeer. Wer Glück hatte, konnte sich zum Meer flüchten und wurde von Fischern gerettet. Ein Offizier der Küstenwache, der an der Rettung teilgenommen hatte, ist sich sicher: „Diese Tragödie tut weh und wird uns noch lange beschäftigen.“
Parallel dazu wurden Vorwürfe laut, die Regierung habe zu spät reagiert: Unter dem Titel „Das Land ist nackt“kritisierte die oppositionelle Zeitung „Ta Nea“„die Unfähigkeit
und das Scheitern der Regierung daran, ihre Bürger ein paar Kilometer von Athen entfernt zu schützen“. Das Portal „Bankingnews“schrieb, die Regierung habe kein Prozedere für eine Reaktion auf solche Katastrophen. Ein hochrangiger Vertreter des Zivilschutzes sagte der Zeitung „Kathimerini“, das Feuer habe sich wegen der Windentwicklung zu schnell ausgebreitet, um Evakuierungspläne aktivieren zu können.
Die Botschafter der EU-Staaten haben indes in Brüssel ein Verhandlungsmandat zur Stärkung des EU-Katastrophenschutzes befürwortet. Auf Basis dieses Mandat es werde die österreichische EU-Rats präsidentschaft aufgefordert, in Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament zu treten. Das derzeitige Katastrophen bewältigungs system beruht auf Freiwilligkeit. Angesichts der verheerenden Waldbrände wie derzeit in Griechenland und Schweden stößt es aber an seine Grenzen. Der Rat schlägt nun vor, die aktuellen Kapazitäten zu stärken, aber auch ein neues Katastrophenbewältigungssystem „resc EU “zu etablieren, das in solchen Fällen eingesetzt werden solle. So wäre die EU in der Lage, Mitgliedsstaaten sowohl finanziell als auch bei Bereitstellung der nötigen Ressourcen unter die Arme zu greifen. Im Herbst hatte die EU-Kommission einen Vorschlag für ein verbessertes gemeinsames Katastrophen schutz programm präsentiert. Ende Mai legte das EU-Parlament dann seinen überarbeiteten Entwurf vor. Nach Befürchtungen von freiwilligen Blau licht organisationen, dass der Katastrophen schutz zentralisiert werde, wurde festgelegt, dass die operative Leitung für Katastrophen schutz einsätze doch beiden EU-Staaten liegen müsse.