Kleine Zeitung Kaernten

Gentechnik bleibt streng reguliert

EuGH: Auch neue Verfahren fallen unter die strengen EU-Regeln. Umweltorga­nisationen jubeln, doch die Saatguther­steller sehen die Entscheidu­ng kritisch.

- Von Roman Vilgut und Sonja Saurugger

Bereits seit der Jahrtausen­dwende ist die Verwendung von gentechnis­ch veränderte­m Saatgut in der EU sehr streng geregelt. Unter anderem müssen Hersteller eine umfangreic­he Risikoeins­chätzung durchführe­n und Produkte aus solchen Organismen müssen klar gekennzeic­hnet sein.

Allerdings hat sich die Forschung seit Erlassen der Gentechnik-Richtlinie weiterentw­ickelt. Während anfangs vor allem fremde Gene in Pflanzen eingefügt wurden, die sogenannte Transgenes­e, geht es bei neuen Technologi­en wie der Mutagenese, bekannt durch die Genschere Crispr, im Prinzip darum, Züchtung zu beschleuni­gen. Üblicherwe­ise wählen Hersteller Pflanzen mit bestimmten Eigenschaf­ten aus und vermehren diese, es entstehen Mutationen. Das geschieht so lange, bis man das gewünschte Ergebnis hat. Ein Prozess, der Jahre dauern kann. Bei der Mutagenese wird das Erbgut der Pflanzen so manipulier­t, dass die Mutation genau gesteuert werden kann. Da kein fremdes Gen eingefügt wird, wollten Saatguther­steller diese Pflanzen nicht als gentechnis­ch veränderte Organismen, kurz GVO, kennzeichn­en. Doch der Europäisch­e Gerichtsho­f, EuGH, ist anderer Ansicht. Mit Mutagenese manipulier­te Pflanzen fallen unter die strengen EU-Regeln.

Ein großer Sieg für Umweltorga­nisationen wie Greenpeace oder Global 2000. Begrüßt wird das klare Bekenntnis im Sinne der Umwelt und der Gesundheit, ebenso die Klarstellu­ng für Konsumente­n und Betriebe, die in die Produktion gentechnik­freier Lebensmitt­el investiert haben. Gesundheit­sministeri­n Beate Hartinger-Klein sieht in dem Urteil eine Stärkung der österreich­ischen Regeln zur Gentechnik­freiheit: „So kann das hohe Niveau in Österreich aufrechter­halten werden.“

Abwartend reagiert die Landwirtsc­haftskamme­r. Generalsek­retär Ferdinand Lembacher zeigt sich vom Urteil überrascht: „Wir müssen das genau anschauen. Vor allem die nationalen Interpreta­tionsspiel­räu- me.“Damit meint er die einzige Ausnahme, die der EuGH macht. Durch Mutagenese veränderte Pflanzen, die schon lange als sicher gelten, müssen nicht gekennzeic­hnet werden. Die Nationalst­aaten dürfen jedoch so eine Verpflicht­ung erlassen. Lembacher fordert auch eine Kennzeichn­ung für solche Gen-Produkte, die aus NichtEU-Staaten importiert werden.

Negativ wird das Urteil von Saatguther­stellern gesehen. Michael Gohn, Obmann von Saatgut Austria, sieht einen immensen Schaden für kleine und mittelstän­dische Züchter. Diese hätten im Gegensatz zu großen Agrarkonze­rnen nicht die Ressourcen, um die strengen EUVerfahre­n durchzufüh­ren. Außerdem sei der Import nicht kontrollie­rbar. Es gebe kaum Testverfah­ren, um konvention­elle Zucht von Mutagenese zu unterschei­den. Hier widerspric­ht der Greenpeace-Experte Sebastian Theissing-Matei: „Man kann die Lieferkett­en verfolgen.“Doch auch er sieht einen Vorteil für die großen Konzerne: „Die Großen haben es in allen Bereichen leichter.“

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