Zu wenig verrückt
Jordi Savall in der Stiftskirche Millstatt.
Ein Altmeister der Alten Musik in Kärnten: Jordi Savall kam zum Abschluss des Gitarrenfestivals mit einem beschwingten Programm, von dem man gerne mehr gehört hätte. Begleitet wurde er von Xavier Díaz-Latorre an der Gitarre (bzw. Theorbe) und dem Perkussionisten David Mayoral – einem Schüler Savalls, der für den erkrankten Pedro Estevan einsprang.
Den roten Faden bildeten die „Folia“bzw. die „Romanesca“, zwei traditionelle melodisch-harmonische Satzformen, die bis ins 16. Jahrhundert zurückreichen und ab dem Barock häufig als Ausgangspunkt für Variationswerke gedient haben. Einer der frühesten Komponisten der Folia war der Spanier Diego Ortiz. Die drei Musiker erweckten dessen kurze tänzerische Lieder behutsam zum Leben und ergänzten sie mit Improvisationen, die zeigen sollten, dass wir es hier mit archaischen Formen von Unterhaltungsmusik zu tun haben, welche die Ungezügeltheit des musikalischen Ausdrucks feiern („Folia“bedeutet so viel wie „verrückt“). Davon war leider wenig zu spüren, weil das Konzert dafür einen intimeren Rahmen benötigt hätte. In der historischen Aufführungspraxis (deren Verfechter Savall ist) haben gewisse Instrumente nur eine begrenzte akustische Reichweite und sind nicht dafür konzipiert, bis in die hintersten Reihen einer vollen Kirche zu dringen. So ging vieles von Savalls Virtuosität an der Viola da Gamba verloren oder wurde durch Huster oder das Knarren der Holzbänke verschluckt.
Wer es dennoch schaffte, konzentriert hinzuhören, wurde mit einem schönen Programm belohnt, das von Ortiz bis zu Tobias Hume und Marin Marais reichte. DíazLatorre beeindruckte vor allem mit einem melodiösen Stück von Gaspar Sanz, wobei Mayoral durch Schellen und Kastagnetten spanisches Flair verbreitete.