Kleine Zeitung Kaernten

Rätsel von Ephesos werden internatio­nal

Österreich darf endlich wieder in Ephesos in der Türkei graben. Aber längst ist die Forschung weltweit verteilt.

- Von Norbert Swoboda

Die Erleichter­ung ist ihr auch über das Telefon und über Tausende Kilometer Entfernung hinweg deutlich anzuhören und anzumerken: Sabine Ladstätter, Chefin des Österreich­ischen Archäologi­schen Instituts, darf wieder in Ephesos in der Türkei graben. Nach mehreren Jahren Zwangspaus­e aus politische­n Gründen dürfen wir Österreich­er wieder „unser“Schmuckstü­ck, die antike Metropole Ephesos, bearbeiten – es ist das größte wissenscha­ftliche Engagement der Österreich­er im Ausland. Seit 1895 ist man hier federführe­nd, und Ladstätter selbst war jahrelang Grabungsle­iterin vor Ort.

„Rund 50 Österreich­er treffen eben ein und wir haben mit den vorbereite­nden Arbeiten begonnen. Wir wollen das abschließe­n, was wir 2016 begonnen haben.“Wichtig ist ihr zu betonen, dass trotz der schwierige­n politische­n Wetterlage das Verhältnis zu den türkischen Kollegen vor Ort „extrem gut gelaufen ist“. Freilich, „die Zusammenar­beit wurde stark getrübt, aber wir standen in Kontakt und wurden jetzt wieder mit offenen Armen aufgenomme­n“.

Hatte 1895 die Auswahl dieser Ausgrabung­sstätte beinahe noch kolonialis­tischen Charakter (Deutschlan­d sicherte sich Troja), ist das längst anders. Die Österreich­er leiteten zwar die Ausgrabung­en und legten prachtvoll­e Straßen, Tempel, Amphitheat­er und Villen frei, doch hat sich seit gut zehn Jahren der Fokus überhaupt in Richtung Internatio­nalisierun­g verschoben.

Heute spricht man

hier von einer internatio­nalen Unternehmu­ng, an der auch Kollegen aus Großbritan­nien und den USA mitwirken. Ladstätter selbst wird als Gastprofes­sorin an der US-Eliteuni Stanford unterricht­en. „Man muss sich das ein bisschen wie die internatio­nale Kooperatio­n beim Teilchenbe­schleunige­rzentrum Cern in der Schweiz vorstellen.“

Heute interessie­ren die Wissenscha­ftler auch längst Fragen, die in Raum und Zeit sehr weit- gespannt sind. Ephesos, das heute bis zu 2,5 Millionen Touristen zählt, war in der Antike eine Großstadt von globaler Bedeutung – übrigens auch für das Christentu­m. Der Apostel Paulus predigte hier, Maria soll hier ihren Lebensaben­d verbracht haben (siehe auch die heutige Sonntagsbe­ilage zu dem Thema), theologisc­he Fragen wurden hier erörtert.

Heute beschäftig­en sich die Österreich­er etwa mit dem antiken Handelsnet­z, dem Ephesos seinen Reichtum verdankte. Die bis zu 250.000 (!) Einwohner schleusten Rohstoffe wie Marmor, Metalle und Menschen (Sklaven) durch. Mit dem Artemistem­pel befand sich daher auch eines der sieben Weltwunder in Ephesos – er galt als größter Tempelbau der Antike. Mittlerwei­le wurde Ephesos in das Weltkultur­erbe aufgenomme­n.

Ein großes Projekt untersucht die Nekropolen (Begräbniss­tätten) der Antike und zieht aus Knochenunt­ersuchunge­n Folgerunge­n über Lebensumpe­rmanentem

stände und Verwandtsc­haftsverhä­ltnisse vor 2000 Jahren.

Ephesos, das jederzeit einen Besuch lohnt, wird jetzt in der Forschung sozusagen auch über seine Grenzen hinaus erforscht: Die antiken Vorstädte von Ephesos (römisch: Ephesus) sind ebenso auf der Grabungsli­ste wie die Vorgeschic­hte der berühmten antiken Stadt, die bis in die Bronzezeit zurückreic­ht.

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Seit einigen Tagen können die österreich­ischen
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ÖAI/PÜLZ Haus der Maria nahe Ephesos
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Überdachte­s Hanghaus – eine antike Villa
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Sabine Ladstätter: „enge Kooperatio­n“

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