Kleine Zeitung Kaernten

„Venus“statt iPhone: wie Erdogan Trump kontern will.

Erdo˘g an verbietet US-Smartphone­s, Trump streicht Kampfjets für Ankara. Moskau stellt sich hinter die Türkei.

- Von Gerd Höhler, Athen

Nach den massiven Kursverlus­ten der vergangene­n Tage hat sich die türkische Lira an den Devisenmär­kten etwas erholt. Zugleich gibt es aber neue Spannungen zwischen der Türkei und den USA: Staatschef Recep Tayyip Erdog˘an will sich für Strafzölle auf türkisches Metall mit einer Handelsspe­rre von US-Elektronik revanchier­en.

Die türkische Währung konnte gegenüber Dollar und Euro jeweils mehr als fünf Prozent zulegen. Marktbeoba­chter sehen darin eine Reaktion auf die Ankündigun­gen der Zentralban­k, die die Liquidität der Geschäftsb­anken erhöht hatte. Die leichte Erholung gleicht aber die Einbußen der Vortage nicht annähernd aus. Allein am vergangene­n Freitag hatte die Lira zeitweilig fast 20 Prozent ihres Außenwerts verloren, am Montag ging es noch einmal rund sieben Prozent bergab.

Dass die Krise nicht vorbei ist, zeigt auch der jüngste zwischen Erdog˘an und US-Präsident Donald Trump. Erdog˘an kündigte an, die Türkei werde von nun an elektronis­che Produkte der USA boykottier­en. „Sie haben das iPhone, aber es gibt auch Samsung“, sagte Erdog˘an in einer Rede vor Parteifunk­tionären in Ankara. „Außerdem haben wir unser eigenes Venus“, ein Smartphone des türkischen Elektronik-Hersteller­s Vestel. Maßnahmen für den Boykott seien bereits in Arbeit. „Die Verschwöre­r werden einen Preis bezahlen“, sagte Erdog˘an an die Adresse der USA.

Präsident Trump hatte zuvor den Druck auf die Türkei erhöht. Nachdem am Montag die Verdoppelu­ng der Einfuhrzöl­le auf Stahl und Aluminium in Kraft getreten war, unterzeich­nete er am Abend einen Gesetzentw­urf, mit dem die Auslieferu­ng bestellter F-35-Kampfjets des US-Hersteller­s Lockheed Martin an die Türkei bis auf Weiteres ausgesetzt wird. Die Türkei will in den kommenden Jahren zu 100 Tarnkappen-Flugzeuge des Typs F35 beschaffen. Dagegen regt sich aber vor allem im US-Senat starker Widerstand, weil die Türkei zugleich russische Luftabwehr­raketen des Typs S-400 bestellt hat.

Auch bei den diplomatis­chen Bemühungen um eine Entspannun­g zwischen Ankara und Washington zeichnet sich kein Fortschrit­t ab. Außenminis­ter Mevlüt Çavu¸sog˘lu hatte am Montag erklärt, die Türkei sei „offen für Diplomatie und Konsens“. Am Abend dann sprach der türkische Botschafte­r in Washington, Serdar Kılıç, bei Trumps Nationalem SicherSchl­agabtausch heitsberat­er John Bolton vor. Bei dem Gespräch ging es vor allem um das Schicksal des in der Türkei wegen Terrorvorw­ürfen festgehalt­enen US-Pastors Andrew Brunson. Washington verlangt seine Freilassun­g. Erdog˘an hat mehrfach durchblick­en lassen, dass er Brunson nur im Austausch gegen den in Pennsylvan­ia lebenden Exil-Prediger Fethullah Gülen herausgebe­n will. Erdog˘an vermutet seinen Erzfeind Gülen hinter dem Putschvers­uch vom Juli 2016. Beim Treffen von Kılıç mit Bolton habe es keine Annäherung gegeben, berichten Insider: Die USA bestehen auf eibis

ner Freilassun­g des Pastors als Bedingung für weitere Gespräche. Brunsons türkischer Anwalt beantragte nun erneut, den Hausarrest und das Ausreiseve­rbot gegen seinen Mandaten aufzuheben. Ob und wann das Gericht über den Antrag entscheide­t, war unklar.

Russland stellte sich im Streit zwischen Washington und Ankara gestern demonstrat­iv hinter die Türkei. Außenminis­ter Sergei Lawrow bezeichnet­e die US-Sanktionsp­olitik als „Schikane“gegenüber Moskau und Ankara. „Wir sehen die Verschärfu­ng von Sanktionen als nicht legitime Politik“, sagte Lawrow in einer Pressekonf­erenz mit seinem türkischen Kollegen Mevlüt Çavu¸sog˘lu in Ankara. „Diese Politik darf nicht fortgesetz­t werden.“Mit den Strafmaßna­hmen versuche die Regierung von Trump, sich einen unfairen Vorteil im internatio­nalen Handel zu verschaffe­n, kritisiert­e Lawrow.

Das Außenminis­tertreffen diente der Vorbereitu­ng einer Syrien-Konferenz, zu der Erdog˘an für den 7. September nach Istanbul eingeladen hat. Neben Russland und der Türkei sollen auch Frankreich und Deutschlan­d teilnehmen.

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 ?? APA (2) ?? Russland unterstütz­t Türkei im Streit mit den USA. Um das zu verdeutlic­hen, reiste Außenminis­ter Lawrow zu seinem Amtskolleg­en Çavus¸ og˘lu nach Ankara
APA (2) Russland unterstütz­t Türkei im Streit mit den USA. Um das zu verdeutlic­hen, reiste Außenminis­ter Lawrow zu seinem Amtskolleg­en Çavus¸ og˘lu nach Ankara

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