„Der liebe Gott ließ mir eine Türe weit offen“
Martin Essl führte den Baumax-Konzern bis zu dessen Zerschlagung 2015. Nun wendet er sich der Integration von Menschen mit Behinderung auf dem Arbeitsmarkt zu.
Seit der Zerschlagung des Baumax-Konzerns im Jahr 2015 ist es still um die Familie Essl geworden. Die Kunstsammlung wurde an die Albertina übergeben, aber von Ihnen hörte man wenig. Was macht der einstige Konzern-Chef Martin Essl nun?
Für diese Antwort muss ich etwas ausholen – in jene Zeit, als ich noch hoffte, dass die Familie die Geschäfte in den Kernmärkten, also in Österreich, der Slowakei und Tschechien behalten könnte. Ich habe mich damals 40 Tage auf den Jakobsweg begeben. Ich wollte nachdenken. Über die Möglichkeiten die sich mit Baumax noch boten, aber auch für den Fall, dass wir das Geschäft nicht retten können. Und damals habe ich mit mir und dem lieben Gott vereinbart, dass ich zumindest 50 Prozent meiner Zeit künftig sozialen Zwecken widmen werde. Wie man weiß, hat Gott mir viele Türen zugeschlagen, aber die eine ließ er weit offen. So wende ich jetzt eben 80 Prozent meiner Zeit für soziale Projekte auf.
Woher die Thema.
Anlass war ein anderer Schicksalsschlag. Meine Frau und ich haben vor vielen Jahren ein Kind verloren. Da habe ich beschlossen, die Hälfte meines Vermögens für wohltätige Zwecke aufzuwenden. Das erste Projekt war eine Entminung eines Landstrichs im Norden Kroatiens. Das Projekt hat sechs Millionen Euro gekostet, meine Familie hat maximal
Motivation
für
dieses
ist der Sohn von Baumax-Gründer KarlHeinz Essl. Er war ab 1989 CoVorstand des Baumax-Konzerns, ab 1999 Vorstandsvorsitzender. In seiner Zeit expandierte das Unternehmen massiv nach Osteuropa. Zum Höhepunkt betrieb man 160 Filialen mit 9000 Mitarbeitern.
finanzierte zahlreiche Sozialprojekte im In- und Ausland.
zehn Prozent beigesteuert, den Rest haben wir mit einem Netzwerk gestemmt. Da habe ich gesehen, was man bewirken kann, wenn man gemeinsam einen Hebel bedient. Über mehrere Folgeprojekte ist dann der EsslSozialpreis entstanden. In Ermangelung eines Konzerns, der den sponsern kann, wende ich mich nun eben den Unternehmensdialogen zu und versuche Unternehmer davon zu überzeugen, dass es Sinn macht, Menschen mit Behinderung einzustellen. Nicht um der Wohltätigkeit willen, sondern weil sie mit ihren Talenten ein Gewinn für das Unternehmen sind und das selbstbestimmte Leben dieser Menschen ein Gewinn für die Gesellschaft.
Unternehmerisches Denken im Konnex mit Sozialprojekten ist immer noch eine Seltenheit. Und das ist ein Fehler. Wir sind 7,4 Milliarden Menschen auf der Erde, eine Milliarde lebt mit einer Behinderung. Wenn wir die Behinderungen im Alter, eingeschränkte Mobilität oder schwindendes Sehvermögen auch bedenken, sind 25 Prozent der Österreicher ein einer Form behindert. Das kann man nicht ausblenden.
Zurück zu Baumax: Wie schwer war es, sich selbst neu im Leben zu orientieren?
Leicht ist es nicht, wenn plötzlich das Lebenswerk dreier Generationen wegfällt. Normalerweise erreicht man durch ein Agieren in mehreren Ländern eine Risikostreuung, die Wirtschaftskrise sorgte aber flächendeckend dafür, dass unsere Kunden keinen Kredit mehr bekamen – und das hatte einen Domino-Effekt auf unsere Gläubiger. Aber ich glaube, dass man auch im Stil, wie wir das abgewickelt haben, sieht, dass wir soziales Engagement ernst meinen. Wir haben keinen Konkurs hingelegt, wir haben 9000 Arbeitsplätze in den Betrieben retten können und sehr viel von unserem eigenen Vermögen eingesetzt. Dass man sich immer noch in den Spiegel schauen kann, macht den Verlust leichter.
Sie sagten, Sie wenden 80 Prozent der Zeit für soziale Projekte auf. Was macht der Unternehmer Martin Essl in der übrigen Zeit? Ich investiere in ein paar kleine Immobilienprojekte, beschäftige mich mit neuen Technologien und bin in ein paar Startups investiert, aber die Dimensionen bleiben überschaubar. Für die Familie ist vorgesorgt und ich habe keinen Kredit zu bedienen. Und das werde ich< so halten.
lädt Essl im Rahmen des „Zero Project“, mit dem er sich einer barrierefreien Welt verschrieben hat, zum Unternehmerdialog in die Kärntner Landesregierung (Arnulfplatz 1, Klagenfurt).
berichten im Rahmen dieses Forums über Erfahrungen mit Arbeitnehmern mit Behinderungen.
sind unter unternehmensdialog@ autark.co.at und 0463/597263 bis 22. September möglich.