„Es gab viel Widerstand, viel Reibung“
Die Regierung präsentiert ihre Reform der Krankenkassen und spricht von einem „historischen Tag“. Ab 2020 wird es nur noch fünf anstelle von 21 Kassen geben.
Es war kein einfaches Projekt“, gibt Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) bei der Präsentation der Reform der Krankenkassen zu. „Es gab viel Widerstand, viel Reibung.“Seit den 60er-Jahren schon habe man versucht, die Zahl der Trägerorganisationen zu verringern, sagte Kurz. „Der große Unterschied ist, wir haben es uns nicht nur vorgenommen, wir tun es auch.“
Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) sprach gar von einem „wahrlich historischen Tag“. Strache hob insbesondere die Reduktion der Kassenfunktionäre um drei Viertel hervor. Wen wundre es da, formulierte er nicht ohne verhaltenen Spott, „dass der eine oder andere Funktionär, der Pfründen verliert, jetzt diesen Pfründen nachtrauert?“Strache nützte die Gelegenheit, gleich die nächste Reform anzukündigen. Sie soll dazu beitragen, Patienten Gangbetten zu ersparen und lange Wartezeiten auf Operationen zu verkürzen.
Die ressortzuständige Ministerin Beate Hartinger-Klein, ebenfalls von der FPÖ, hob die Vereinheitlichung der Leistungen der Gebietskrankenkassen hervor und schloss eine Beitragserhöhung aus.
Wie sieht die verschlankte Struktur der Krankenkassen nun aus?
1) Die neun Gebietskrankenkassen werden zur Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) zusammengefasst, die allerdings weiterhin neun Landesstellen hat.
2) Für Beamte, Eisenbahner und Bergbau soll eine Dreispartenversicherung entstehen, eine Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung. Auch diese wird in den neun Bundesländern Landesstellen unterhalten.
3) Gemeinsam werden künftig Unternehmer und Bauern in der SVS versichert sein.
4) Die Pensionsversicherung (PV) bleibt ebenso wie
5) die ursprünglich von der Auflassung bedrohte Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, die AUVA. Wie viel die Fusion
kosten wird, ist noch unklar, sicher ist nur, dass die Kassen selbst dafür werden aufkommen müssen.
Die neue Gesundheitskasse
(ÖGK) hat Personal- und Budgethoheit. Die Außenstellen bekommen die Kompetenz über die Rücklagenverwaltung und dürfen die Versicherungsbeiträge aus dem jeweiligen Land als Budget verwalten. Außerdem sind sie für die jeweilige Landesregierung der Ansprechpartner für die Planung – wo etwa wie viele Kassenarztstellen freigegeben werden.
Die ÖGK verfügt über einen Investitionsfonds in Höhe von 100 Millionen Euro für Projekte wie E-Health, Prävention oder hausärztliche Versorgung. Den bisherigen Ausgleichsfonds wird es nicht mehr geben. Die „braven“Kassen, die gut wirtschaften, können von der ÖGK durch zusätzliche Zahlungen aus dem Fonds belohnt werden.
Die neuen Landesstellenausschüsse bestehen aus zehn Mitgliedern, der zentrale Verwaltungsrat aus zwölf Mitgliedern, jeweils zur Hälfte von Arbeitnehmern und Arbeitgebern beschickt. Der Vorsitz wechselt künftig – ebenso wie in der Pensionsversicherung – halbjährlich zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Laut Wöginger ist dieses System besser als das bisherige, wo sich die Mehrheiten in der Verwaltung (Arbeitnehmer) und im Kontrollorgan (Arbeitgeber) gegenseitig blockierten. „Jetzt müssen sie zusammenarbeiten.“
Im abgespeckten Überbau wird die Spitzenposition rotieren, was der derzeitige Chef des Hauptverbands der Sozialversicherungsträger, Alexander Biach, für einen Fehler hält. Er wird aufgrund der Reform vorzeitig seinen Sessel räumen müssen. Für die 19.000 Beschäftigten in der Verwaltung und die 9000 Beschäftigten des medizinischen Personals sprach die Regierung eine Jobgarantie aus. Bei Pensionierungen soll aber jede dritte Stelle nicht nachbesetzt werden. Spitäler werden nicht zugesperrt.
Der große Unterschied ist, wir haben es uns nicht nur vorgenommen, wir tun es auch. Kanzler Sebastian Kurz über gescheiterte Vorgänger