Neue Brexit-Drohung: Briten könnten ohne Deal austreten.
Sollte sie ihren Brexit-Plan nicht durchsetzen können, droht Premierministerin Teresa May, ohne Deal auszutreten. In Salzburg will sie für ihr Angebot werben.
Für Großbritanniens Premierministerin Theresa May gibt es keine Alternative zum eigenen „ChequersPlan“eines komplizierten ZollArrangements mit der EU für die Post-BrexitÄra. Das hat May am Montag in einem BBC-Interview ihren Landsleuten ebenso wie ihren europäischen Verhandlungspartnern erklärt. Komme sie mit ihrem Plan daheim und in Brüssel nicht durch, warnte May vor einem harten Brexit, dem Austritt ohne vertragliche Vereinbarung.
Mit ihrer Erklärung sucht May, Brexit-Hardliner in der eigenen Partei und Nordirlands skeptische Unionisten hinter sich und ihren „Chequers-Plan“zu bringen. Vom Verlangen der Hardliner nach kompletter Abkoppelung von der EU will die Regierungschefin nichts wissen: Schon die Frage einer offenen Grenze in Irland bleibe dann völlig ungelöst, sagte sie.
Zornig reagierten Sprecher der Tory-Rechten, allen voran Ex-Außenminister Boris Johnson, auf Mays kategorische Absage an seine Idee eines locke- ren Freihandelsvertrags mit der EU nach kanadischem Vorbild. Johnson erklärte, Mays Plan würde bedeuten, „dass unsere Führer zum ersten Mal seit dem Jahr 1066 bewusst in eine Fremdherrschaft einwilligen würden“.
Mit ihren gestrigen Äußerungen zielte May aber auch auf die Verhandlungspartner in Europa, die den „Chequers-Plan“als unumsetzbar bezeichnet haben. Am Mittwoch will May beim informellen EU-Gipfel in Salzburg erneut ihre Position darlegen. Sie glaubt noch immer, vor dem provisorisch geplanten Brexit-Gipfel der EU, der Mitte November stattfinden soll, „einen guten Deal“mit der EU erzielen zu können.
Eines der am schwersten lösbaren Probleme ist die Frage, wie die Grenze zwischen Irland und Nordirland – künftig eine EU-Außengrenze – offen bleiben kann. Laut „Times“müht man sich in Brüssel derzeit, ein System diskreter Kontrollen in Fabriken, Häfen und auf Fähren zu erarbeiten, das für London akzeptabel wäre.
„Kurzfristige Störungen und Behinderungen“stünden im Fall eines harten Brexits natürlich zu erwarten, räumte die Premierministerin am Montag ein. Die Regierung habe sich
aber auf einen solchen Fall gut vorbereitet. „Unsere besten Tage liegen noch vor uns“, wich May weiteren Fragen aus.
Wesentlich pessimistischer äußerte sich ihr Finanzminister Philip Hammond, ein Pro-Europäer im Kabinett. „Ohne Deal aus der EU auszuscheiden, würde den beträchtlichen Fortschritt gefährden, den die Briten in den letzten zehn Jahren gemacht haben“, warnte er.
Jegliche Brexit-Variante werde Großbritannien teuer zu stehen kommen, erklärte Christine Lagarde, Direktorin des Internationalen Währungsfonds (IWF). Eine „No Deal“-Variante würde aber „fatale Folgen“mit sich bringen. Lagarde prophezeite rasch schrumpfendes Wachstum, steigende Defizite und dramatischen Währungsverfall. Zunehmend besorgt haben sich in jüngster Zeit auch Industrielle und Gewerkschafter und der Gouverneur der Bank von England, Mark Carney, geäußert.
ist es nicht länger akzeptabel, dass bei einem Scheitern der Verhandlungen mit der EU oder einer Abstimmungsniederlage Mays im Parlament „No Deal“die einzige Alternative sein soll. Immer mehr Stimmen fordern laut eine erneute Volksbefragung, bei der auch der Verbleib in der EU zur Wahl stehen müsste.
Zuletzt hat sich für eine solche Abstimmung Sadiq Khan, der Bürgermeister von London, ausgesprochen. „Die Leute haben nicht für den Austritt aus der EU gestimmt“, sagte Khan, „um sich selbst ärmer zu machen, um ihre Geschäfte leiden zu sehen, um Personalmangel auf Krankenhausstationen zu erleben oder um mit anzusehen, wie sich die Polizei auf Unruhen in der Bevölkerung vorbereitet und wie unsere nationale Sicherheit in Gefahr gerät.“